Neue Mitarbeiter:innen sollen nicht nur was draufhaben, sondern auch ins Team passen. Aber wie findet man sie – und worauf sollen beide Seiten bei der Bewerbung achten? Wir haben nachgefragt bei Silke Kurtz, Expertin für Employer Branding und Organisationsentwicklung. INTERVIEW: MAYA MCKECHNEAY

Nicht erst seit der Pandemie klagen viele Unternehmen über Fachkräftemangel: Schlagworte wie der „War for Talents“ oder die angeblich so anspruchsvolle Generation Z, die ihre Freiheit ebenso liebt wie ein gutes Einkommen, geistern durch die Medien.

Aber ist es wirklich so schwierig, heutzutage eine für beide Seiten sinnstiftende, wertschätzende und wenn möglich langfristige Arbeitsbeziehung anzubahnen? Wir haben eine Fachfrau gefragt: Silke Kurtz verantwortet beim HR- und Recruiting-Experten Iventa als Geschäftsführerin den Bereich „branding & culture“, Schwerpunkte Employer Branding und Organisationsentwicklung, und hat im Lauf ihrer Karriere unzählige Bewerbungsgespräche geführt.

Frau Kurtz, verschiedene Branchen klagen darüber, dass es aktuell immer schwieriger wird, Fachkräfte zu finden. Woran liegt das?

Silke Kurtz: Manchmal könnte man glauben, sie wurden von Aliens entführt! Es liegen unterschiedliche Szenarien dahinter, dass der Fachkräftemangel so akut geworden ist. Einige Branchen wachsen rasant, verändern sich. Während der Pandemie haben die Beschäftgten besonders stark betroffener Branchen zudem neue Wege gesucht. Die Pflege ist ein Beispiel, aber natürlich auch die Gastronomie oder Hotellerie.

Wie reagiert die HR darauf?

Wir gehen sehr viel früher auf Menschen zu, damit sie einen Jobwechsel überhaupt erwägen. Organisationen sind heute bereit, zu investieren, um geeignete Kandidat:innen direkt abzuholen und früh Awareness zu schaffen. Und es braucht klare, leicht zugängliche Bewerbungsprozesse. Recruiter und Fachführungskräfte sind nicht länger diejenigen, die man um den Job bittet. Sie sind vielmehr die wichtigsten Sales-People des Unternehmens! Sie verkaufen das Unternehmen nach außen. Entsprechendes Gewicht haben die neuen Kanäle in der Personalsuche: Social Media, Online-Marketing und Out-of-Home (wie zum Beispiel Plakate).

Was Arbeitgeber schätzen

  • Teamfähigkeit
  • Ehrlichkeit
  • Loyalität
  • Verantwortungsbewusstsein/Zuverlässigkeit
  • Flexibilität

JE BESSER ICH AUF MEIN EIGENES WOHLBEFINDEN ACHTE, DESTO GLÜCKLICHER IST AUCH DAS ‚RUDEL‘ UM MICH HERUM.

Silke Kurtz

Management Director und Geschäftsführerin branding & culture, Iventa

Wenn nun ein Unternehmen einen Bewerber oder eine Bewerberin ins Auge gefasst hat und es zu einem Job-Interview kommt: Wie sieht das heutzutage idealerweise aus?

Ein Bewerbungsgespräch ist nicht mehr nur ein Abklopfen: Warum hast du in der 7. Klasse einen Dreier in Turnen gehabt? Warum hast du eine Lücke im Lebenslauf? Vielmehr stimmen sich Bewerber:in und potenzieller Arbeitgeber aufeinander ein. Dabei geht es darum, dass die zentralen Werte beider Seiten zusammenpassen.

Woran erkenne ich als Bewerber:in, ob ich ins Team passe?

Ein guter Arbeitgeber macht im Gespräch spürbar, wie genau der zukünftige Beitrag des Kandidaten oder der Kandidatin im Unternehmen aussehen wird. Meine generelle Empfehlung lautet: Fragen Sie nach, ob Sie das Team kennenlernen können! Im gegenseitigen Austausch merkt man schnell, ob es eine Basis für Vertrauen und Zusammenarbeit gibt.

Aktuell drängt die sogenannte Generation Z auf den Arbeitsmarkt. Was zeichnet diese jetzt 16- bis 30-Jährigen aus?

Diese Generation ist sehr selbstbewusst, weniger devot, hat klare Vorstellungen davon, was sie will, aber auch davon, was sie kann. Sie ist fordernd, aber auch enorm einsatzwillig in ihrem Rahmen. Und: Sie hat den Change in der Work-Life-Balance vollzogen.

Sie meinen, diese Bewerber:innen haben gelernt, auf sich selbst und die eigenen Grenzen zu achten?

Ja – ich denke, wir alle sollten ein Gespür dafür entwickeln, wie wir uns von anspruchsvollen Kolleg:innen und Kund:innen abgrenzen können. Letzten Endes ist das auch eine gute Burnout-Prävention. Und: Je besser ich auf mein eigenes Wohlbefinden achte, desto glücklicher ist auch das „Rudel“ um mich herum.

Silke Kurtz ist Management Director und Geschäftsführerin von branding & culture, Schwerpunkte Employer Branding und Organisationsentwicklung, bei Iventa.
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