Erwachsene, die sich wieder in einen Lernprozess begeben – wie unsere WIFI-Kursteilnehmer/-innen –, sind das häufig nicht mehr gewohnt und reagieren auf Stress mitunter stärker. Denn mit dem Prüfungsergebnis gehen in unseren Gedanken oft die finanzielle Existenz sowie die Erfüllung von Karrierezielen einher. Die Psychologin und WIFI-Trainerin Dr. Heike Linamayer, MSc, MEd, gibt praktische Tipps zum Umgang mit Prüfungsangst.
Wie zeigt sich Prüfungsangst?
Prüfungsangst äußert sich in vielen Facetten: durch körperliche Symptome wie Magen-Darmprobleme, Zittern, Schlaflosigkeit oder auch durch psychische Symptome wie Selbstzweifel, Katastrophendenken, Konzentrationsschwächen. Wenn schon Wochen vor dem Termin Angstzustände auftreten oder man Prüfungen aus Angst verschiebt, ist Vorsicht geboten. Ausgelöst wird dies durch Stresshormone, die unsere Aufmerksamkeit erhöhen. Im Übermaß allerdings lösen sie Dauerstress aus.
Was soll man bei Prüfungsangst beachten?
Vorbereitung ist das A&O: Eine Ist-Analyse und ein guter Lernplan sind essenziell. Oft ist die Angst, das Lernpensum nicht zu schaffen sogar die Hauptursache für Prüfungsangst. Bereiten Sie sich auf die Prüfungssituation vor. Bei schriftlichen Prüfungen schon beim Lernen Fragen beantworten und bei mündlichen sich von jemandem abfragen lassen.
Objektivieren: Nützlich ist, zu eruieren, was diese Prüfungsangst erzeugt: Ist es, weil ich bereits schlechte Erfahrungen gemacht habe? Ist von außen eine hohe Erwartungshaltung da, oder mache ich mir den Stress selbst? Was sind mögliche Konsequenzen? Oft sind die Schreckgespenster, wenn man versucht, sie realistisch zu betrachten, gar nicht so gruselig, wie sie anfänglich erscheinen.
Mentale Techniken: Durch Umformulieren können Sie hinderliche Gedanken in hilfreiche verwandeln. So wird aus „Ich werde sicher ein Blackout haben“ ein „Wenn ich ein Blackout habe, dann werde ich den Prüfer bitten, mir die Frage noch einmal anders formuliert zu stellen“, oder aus „Ich habe nicht genug gelernt“ ein „Ich habe mich so gut es ging vorbereitet. Es ist okay, nicht alles zu wissen.“ Und: Stellen Sie sich im Geiste vor, wie Sie die Prüfung erfolgreich meistern.
Darüber reden: Allein das Erzählen löst oft wertvolle Reflexionsprozesse aus. Das geht mit Freunden oder auch mit professioneller Hilfe. Hinterfragen Sie Ihre Katastrophengedanken. Was passiert im Worst Case, wenn man durchfällt? Wann kann man die Prüfung wiederholen? Gibt es Alternativen? Meist ist das Worst-Case-Szenario bei genauer Analyse gar nicht so schlimm, wie es erscheint. Der objektive Blick von außen hilft, andere Perspektiven einzunehmen.
Ausgleich und Entspannung sind ebenfalls wichtige Themen in der Prüfungsangstprophylaxe. Wir brauchen Zeiten, in denen wir uns vom geistigen Stress entspannen, d.h., planen Sie bewusst Pausen ein. Kurz aufstehen und bei offenem Fenster ein paar tiefe Atemzüge machen, regelmäßige Bewegungseinheiten oder Entspannungstechniken wie der Bodyscan von Jon Kabat-Zinn geben Ihnen Kraft.
Was ist eine gute Methode zur Vorbereitung?
Wie man lernt, hängt viel davon ab, was man lernen soll. Bei Mathematik o.Ä. steht das Üben praktischer Beispiele im Vordergrund. Beim Lernen von Inhalten hat sich die SQ3R-Methode von Francis P. Robinson als gut erwiesen: Survey (Überblick gewinnen), Question (Fragen formulieren), Read (lesen), Recite (verstehen), Review (wiederholen). Zuerst gliedert man den Stoff in Themenbereiche. Dann überlegt man sich Fragen zu den zentralen Aussagen. Im nächsten Schritt werden die Texte gelesen und Wichtiges sowie Unklares farblich markiert. Im „Recite“-Schritt werden dann die anfänglichen Fragen beantwortet und die Informationen schriftlich zusammengefasst. Zum Schluss werden verbleibende Unklarheiten geklärt.
Tipps auf einen Blick:
- Einfach, aber effektiv: Rechtzeitige Vorbereitung und Lernplan!
- Nicht „auf den letzten Drücker“ lernen. Machen Sie etwas Angenehmes am Abend vor der Prüfung.
- Einsatz von Entspannungstechniken und Pausen.
- Hinterfragen und Reflexion der Katastrophengedanken.
- Auf die Prüfungssituation mental vorbereiten!
Dr. Heike Linamayer, MSc, MEd beschäftigt sich u.a. mit menschlicher Intelligenz, Logik und Verhaltensmustern. Seit über 20 Jahren berät die Psychologin Menschen und gibt ihr Wissen in Trainings, Büchern und als Speakerin weiter.
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