Ob VUKA-Welt, Industrie 4.0 oder Digitalisierung – wir leben nicht mehr in der statischen Welt von gestern. Mit einer integralen Sicht von Strategie, Struktur und Kultur gelingt es, Unternehmen vor dem Hintergrund aktueller Trends neu zu erfinden und anders zu führen, weiß Dr. Christian G. Majer, Gründer und Leiter von majer-rejam − The Performance Institute.

Die Strategie ist aller Anfang und muss die Geschäftsidee und den Unternehmenszweck in einer digitalen oder hybriden Version repräsentieren. Die Digitalisierung erzwingt andere Sichtweisen auf Markt, KundInnen, Konkurrenz und Logistikketten, aber auch auf MitarbeiterInnen. Neue Strategien benötigen neue Strukturen, vor allem angepasste oder völlig neue Prozesse, die zuverlässig, flexibel und kostengünstig sind. Andere Arbeitsweisen, wie Remote-Servicierung, Homeoffice oder Workflow, erfordern eine adäquate Kultur im Sinne von New Work. Agilität, Resilienz, Lösungsorientierung, Eigenverantwortung, selbstorganisierende Teams sowie autonomes Lernen werden immer wichtiger. Dies verlangt nach einer neuen Form von Führung, einer, die Richtung und Rahmen vorgibt, sich bei der Umsetzung aber weitgehend zurücknimmt. Die neue Führungskraft wird zum Coach und Enabler, die auch kontrolliert und Vorgehensweisen in Frage stellt.

Das Modell der Performance-Fokussierten-Organisation (P-F-O) bietet den entsprechenden Rahmen: Die P-F-O ist ein flexibles Organisationskonstrukt, das gängige Management-Konzepte wie Prozess- und Projektmanagement oder Qualitäts- und Wissensmanagement mit neuen Führungsprinzipien integral vernetzt. Das strategische Management, die primäre Führungsverantwortung für MitarbeiterInnen und die Performance-Messung bleiben in der Stammorganisation verankert. Ob Linie oder Matrix − sie ist die Quelle und der Kern eines Unternehmens. Die Aufgabe von Führungskräften ist, MitarbeiterInnen zu qualifizieren und für Prozesse und/oder Projekte zur Verfügung zu stellen, damit die Unternehmensziele wirkungsvoll erreicht werden. Es gilt, MitarbeiterInnen zu fordern (MbO oder OKR) und zu fördern (gezielte Weiterbildung und attraktive Karrierepfade).

Prozesse sind komplexe Routinetätigkeiten, die durch eine interdisziplinäre, abteilungsübergreifende Zusammenarbeit in Teams gekennzeichnet sind. Die vertikale, meist funktionale Aufbauorganisation wird in eine horizontale kundenorientierte Prozessorganisation gedreht. Mit Fokus auf dem Erfüllen von Kundenversprechen wird „Best-Practice“ kontinuierlich weiterentwickelt.

Projekte stellen eine Entlastung der Stammorganisation dar. Komplexe, neuartige, riskante Aufgaben, die über die Arbeitsroutinen und Standardprozesse hinausgehen, werden in Projektform abgewickelt. Auch die Projektorganisation wird von der Linie mit Ressourcen und Machtbefugnissen empowert und managt das Projektportfolio. Reflexive und lösungsorientierte Vorgehensweisen im Projektmanagement schaffen den Spagat zwischen der Ungewissheit der Zukunft, dem Risiko und der Dynamik einerseits und einem vertretbaren Maß an Planbarkeit und Kontrollnotwendigkeiten andererseits.

Projekte und Prozesse sind kein Entweder-oder, sondern stellen ein Kontinuum dar. Ein typisches Beispiel für das Zusammenspiel Projekt und Prozesse ist der Product-Life-Cycle. Hier gibt es erste Phasen, wo viel Freiheit nötig ist und agile Vorgehensweisen in Projektform ihren Platz haben: Ideenfindung, Konzeption und Entwicklung. Andere Phasen, wie etwa technische Prüfung, User-Acceptance-Test, Pilotierung und Markteinführung, benötigen ein strukturiertes prozesshaftes Vorgehen.

Die organisatorische Trinität „Stammorganisation – Prozesse – Projekte“ ermöglicht eine flexible Verteilung von Komplexität in der Abwicklung von Kundenaufträgen sowie Marktbearbeitung hinsichtlich gezielter, strategischer und inhaltlicher Weiterentwicklung des Produktportfolios. Integrale Unternehmensführung setzt auf partizipatives Leadership basierend auf weitgehender Selbstorganisation unter Nutzung unterschiedlicher Managementansätze. Die Themen Qualität, Wissen, Risiko, Innovation und Nachhaltigkeit sind nicht in einzelnen Einheiten isoliert, sondern in der organisatorischen Trinität verankert. Dies ermöglicht eine effektive Balance aus Veränderung und Bewahrung sowie Innovation unter Nutzung von Best-Practice-Erfahrungen.

Gastautor Dr. Christian G. Majer ist Experte für integrative Unternehmensführung und vernetzte Managementsicht.
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