Digitales Lernen gehört mittlerweile zum Weiterbildungsangebot fast aller Unternehmen. Worauf es ankommt und warum eLearning-Manager:innen gebraucht werden, verrät Bildungsmanagement-Expertin Sünne Eichler im Interview. Sie ist Beraterin für eLearning, Mitglied des Kongress-Komitees der LEARNTEC und im Leitungsteam des Certified European eLearning-Managers (CELM), der auf jahrelanger Praxis-Erfahrung im deutschsprachigen wie europäischen Kontext beruht.
Frau Eichler, seit dem Jahr 2000 beschäftigen Sie sich mit digitalen Lernangeboten und der Einführung von eLearning in Unternehmen. Hat sich der Markt so entwickelt wie Sie damals gedacht haben?
Sünne Eichler: Tatsächlich habe ich gedacht, dass sich eLearning viel schneller in den Organisationen etablieren wird. Vieles von dem, was während der Pandemie zum Einsatz kam, gibt es schon ewig, kam aber bei vielen Unternehmen erst jetzt richtig zum Einsatz.
Sehen Sie da einen Nachholbedarf?
Ja, und zwar beim Aufbau der eLearning-Kompetenzen bei Mitarbeitenden, die sich mit Training, Personalentwicklung usw. beschäftigen. eLearning ist ja kein „Hexenwerk“, denn wenn man das nötige Know-how aufgebaut hat, kann man mit sicherer Hand eine gute Lernstrategie entwickeln, diese der Unternehmensleitung schmackhaft machen und dann im Unternehmen erfolgreich umsetzen.
Worauf kommt es bei einer digitalen Lernstrategie denn an?
Bei der Entwicklung einer Lernstrategie ist es immer wichtig, den Bildungsbedarf sorgfältig zu ermitteln und dabei auch die strategischen Ziele der Organisation zu berücksichtigen. Sowohl analoge als auch digitale Bildungsangebote müssen auf die Unternehmensstrategie einzahlen.
Und welche Rolle spielen Führungskräfte, wenn es um das Thema digitales Lernen geht?
Einmal vorneweg: Ich würde digitales Lernen nicht vom Präsenzlernen trennen, sondern Lernen als Ganzes betrachten. Und beim Lernen spielt die Führungskraft eine besondere Rolle: Freiräume zum Lernen geben, Begleiter:in zu sein, Interesse am Lernfortschritt zu zeigen, aber auch Feedback der Lernenden einzuholen.
Benötigen Unternehmen dedizierte eLearning-Manager:innen?
Ja, wenn man eLearning nicht nur als Leuchtturm-Projekt sieht, sondern als Teil eines langfristigen Angebots betrachtet, braucht es Verantwortliche in der Organisation, um das Thema aufzubauen und weiterzuentwickeln. Lernen ist ein kritischer Erfolgsfaktor in einer Organisation und eLearning wird immer ein wichtiger Bestandteil einer ganzheitlichen Lernstrategie sein. Daher brauchen wir auch kompetente eLearning-Projektmanager:innen. Die Nachfrage nach qualifizierten eLearning-Manager:innen ist auf jeden Fall sehr groß.
Welche Fähigkeiten und Kompetenzen benötigen diese, um erfolgreich agieren zu können?
Zunächst einmal sollten sie mit den Fachbegriffen, Lernformen und Technologien vertraut sein. Und dann ist es wichtig, Kompetenzen im eLearning-Projektmanagement aufzubauen. Es gibt unterschiedliche Aufgaben, z.B. bei der Bedarfsanalyse, der Konzeption und Planung. Aber auch bei der Implementierung und Umsetzung hat eLearning spezifische Anforderungen. Letztendlich ist es ein interdisziplinäres Projekt, dass sich in den Dimensionen Didaktik, Design, Technologie und Management bewegt.
Viele Unternehmen leiden unter Fachkräftemangel. Kann denn eine digitale Lern- bzw. Qualifizierungsstrategie die Arbeitgebermarke bzw. das Employer Branding auf der Suche nach neuen Fachkräften unterstützen?
Ja, unbedingt! Fachkräfte, die man bereits gewonnen hat, muss man kontinuierlich weiterqualifizieren. Und die Mitarbeiter:innen, die man zu Fachkräften entwickeln möchte, muss man auch entsprechend weiterentwickeln. Es besteht also ein kontinuierlicher Weiterbildungsbedarf. Dazu kommt, dass Mitarbeiter:innen – auch Stellensuchende – mittlerweile sehr genau hinschauen, welche Entwicklungsmöglichkeiten das Unternehmen bietet.
Welche Themen und Trends werden das Thema eLearning in naher Zukunft noch prägen?
Neben den ganz „heißen“ Themen wie Virtual Reality (VR)/Augmented Reality (AR) wird die Entwicklung hin zum Metaverse spannend sein – die Verbindung virtueller und physischer Lernräume. Aktuell steht vor allem das Thema Selbstorganisiertes und Kollaboratives Lernen im Mittelpunkt, das aus der New Work bzw. New Learning-Bewegung in den Fokus gerückt ist. Auch hier stehen die Lernenden im Mittelpunkt. Und genau das macht gutes digitales Lernen aus: die richtige Methode zur rechten Zeit, um den Bedarf der Lernenden zu bedienen.
Bildcredits: © AMX STUDIO // Alex Stiebritz (Porträt)