Was macht zukunftsfähige Führung aus? Wer im Zeitalter von Digitalisierung und Globalisierung Projekte und Ideen umsetzen möchte, muss in der Lage sein, Menschen dafür zu gewinnen. Wie die St. Galler Führungskonzepte dabei helfen können, verrät Management-Experte Dr. Markus Müllner im Interview.
Herr Dr. Müllner, wodurch unterscheidet sich modernes Leadership von bisher gewohnten Managementmethoden?
Modernes Leadership geht weit über das klassische Management hinaus. Management-Methoden helfen mir als Führungskraft in erster Linie effizient zu handeln, also das, was getan werden muss, richtig zu tun. Moderne Leadership-Skills helfen darüber hinaus auch in unterschiedlichen Situationen effektiv zu handeln, also das Richtige zu tun. Um als Führungskraft in einer volatilen, unsicheren, komplexen und ambivalenten Welt Wirkung zu erzielen, benötige ich definitiv beides.
Welche Kompetenzen müssen Führungskräfte heute unbedingt haben?
Sie müssen handlungskompetent sein. Und nur wenn ich ein Gespür für Märkte, Geschäftsmodelle und Wachstumstreiber beweise, werde ich als Führungskraft bei gut ausgebildeten und fordernden Mitarbeitern/-innen Akzeptanz finden. Auch die Sozialkompetenz spielt eine wichtige Rolle. Denn um als Führungskraft Wirkung zu erzielen, kommen der Kommunikationsfähigkeit und der intellektuellen wie auch emotionalen Empathie immer größere Bedeutung zu. Und drittens sehe ich emotionale Intelligenz als wesentliche Kompetenz einer Führungskraft. Denn als Führungskraft benötige ich die Fähigkeit, mit meinen eigenen Emotionen ebenso intelligent umzugehen wie mit den Emotionen meiner Mitarbeiter/-innen.
Welche wichtigen Werkzeuge der Mitarbeiterführung müssen Führungskräfte noch beherrschen?
Neben den klassischen Führungswerkzeugen wie Zielvereinbarungen, Mitarbeitergesprächen, Konfliktmanagement, Zeit- und Prioritätenmanagement oder effizienten Meeting-Methoden geht es vor allem darum, Mitarbeiter/-innen schnell und umfassend einschätzen zu können. Und ich muss als Führungskraft wissen, wie ich über Emotionen Begeisterung entfache, wie ich Menschen aus der Komfortzone führe und wie ich ein Umfeld schaffe, in dem Spitzenleistungen möglich werden.
Worauf kommt es an, wenn man Mitarbeiter/-innen für mehr Engagement und Leistung begeistern möchte?
Das Wesentliche ist, alles Handeln an einer gemeinsamen Zielsetzung auszurichten. Um Menschen aber wirklich für sich und seine Anliegen einzunehmen, muss man ihnen durch das eigene Führungsverhalten einen Raum bieten, in dem ihre Willenskraft und damit ihre „intrinsische Motivation“ belebt wird. Da helfen dann auch Führungsinstrumente wie eine klare Mission, eine mitreißende Vision und die eigene richtig interpretierte Rolle als Vorbild, Challenger und Coach. Alles Dinge, die im St. Galler Führungsansatz eine wichtige Rolle einnehmen.
Und was macht die St. Galler Führungskonzepte dabei so besonders?
Die St. Galler Führungskonzepte basieren auf der Systemtheorie. Das heißt, es geht im Kern darum, Organisationen an sich verändernde Umweltbedingungen anzupassen. Und zwar sowohl was ihre Strukturen und Aktivitäten angeht als auch, was ihr Verhalten, also die Unternehmens- und Führungskultur, betrifft. Das, was uns in den Unternehmen heute überall als „Change“ begegnet und nach „Agilität“ schreit, ist im St. Galler Führungsansatz vorweggenommen. Das Geniale daran ist, dass der St. Galler Führungsansatz mich als Führungskraft permanent zu Perspektivwechseln einlädt. So kann ich mein Führungsverhalten jederzeit um die neuesten Erkenntnisse der Verhaltensökonomie oder der Positiven Psychologie anreichern und gleichzeitig das sich um mich wandelnde Umfeld pragmatisch mitgestalten.
So können Führungskräfte die eigene Führungskompetenz steigern – 5 Tipps von Dr. Markus Müllner
1. Tipp: Lernen Sie sich selbst besser kennen!
Erst wenn Sie wissen, wie Sie selbst ticken, was Sie antreibt, nervt, stresst, freut und erfolgreich macht, werden Sie andere sinnvoll und zielführend mobilisieren können.
2. Tipp: Verstehen, was Ihr Gegenüber antreibt.
Menschen sind unterschiedlich, weil die Natur Vielfalt liebt, und das ist gut so. Seien Sie sich der jeweiligen Vorzüge unterschiedlicher Charaktere bewusst und versuchen Sie sie zum Wohle aller – des/der betreffenden Mitarbeiters/-in, der zugrundeliegenden Sache und des Zwecks des Unternehmens, für das Sie aktiv sind – einzusetzen.
3. Tipp: Lernen Sie differenziert zu denken.
Nehmen Sie ganz bewusst mehrmals am Tag unterschiedliche Perspektiven ein. Je leichter Sie von der Alltagsperspektive in die Helikopterperspektive und zurück wechseln können, desto größere Wirkung werden Sie entfalten.
4. Tipp: Begeisterung beginnt bei Ihnen selbst.
Jede Änderung kommt von innen. So wie Sie kein Vertrauen einfordern können, können Sie auch keine Begeisterung verlangen. Vertrauen müssen Sie sich verdienen. Begeisterung müssen Sie entzünden.
5. Tipp: Nehmen Sie’s leicht.
Das Leben – auch das einer Führungskraft – lebt sich besser, wenn man sich selbst und das, was man macht und wofür man sich verantwortlich fühlt, nicht immer allzu ernst nimmt. Es gibt nämlich keine Rückschläge, aus denen man nicht wieder etwas Wichtiges für sich und sein (Berufs-)Leben lernen könnte.
Dr. Markus Müllner ist Geschäftsführer des new spirit Instituts, das Führungskräfte in Leadership- und Vertriebsfragen berät. Zudem ist er Dozent an renommierten Universitäten und u.a. Trainer am WIFI Management Forum. Er ist Mitentwickler des in der Praxis weitverbreiteten St. Galler KAM-Konzepts, das er in namhafte Unternehmen eingeführt hat.
WIFI Management Forum Seminar: Leadership: Best of St. Gallen mit Dr. Markus Müllner
Bildcredits: (c) Kenishirotie/Shutterstock.com (Cover), (c) Nadine Jayaraj/M. Müllner (Portrait)