Heute schon über WhatsApp kommuniziert, die Facebook-Timeline durchgescrollt, E-Mails auf dem Smartphone abgerufen oder die neuesten Nachrichten online gecheckt? Vielleicht gehören Sie ja sogar zu denjenigen, die unmittelbar nach dem Aufstehen oder als Letztes vor dem Zu-Bett-Gehen noch einen Blick aufs Tablet werfen? Zeit, einmal innezuhalten!

Always on

Ein kurzer Rundumblick bestätigt, was auch statistische Daten erahnen lassen: Das Display ist zu einem unserer wichtigsten Begleiter geworden. Schon mehr als 80 % der Internet-Nutzer/-innen greifen laut Statistik Austria auf ihr Smartphone zurück, um auch unterwegs online zu sein. Die Zeit, die täglich im Netz verbracht wird, variiert dabei je nach Alter und gipfelt bei den 14- bis 19-Jährigen in mittlerweile fast sechs Stunden, wie der D21 Digital Index 2016, der jährlich den Digitalisierungsgrad in Deutschland misst, zeigt. Doch so praktisch es in manchen Situationen sein mag, immerfort vernetzt und online zu sein, es hat auch seine Kehrseite – denn die ständige Erreichbarkeit zehrt nicht nur an den Akkus, sondern auch an unseren Nerven.

Angst, etwas zu verpassen

Aber warum fällt es uns eigentlich so schwer, abzuschalten oder einfach nicht zu reagieren, wenn das Handy piept? Zum einen geht es dabei um die Angst, etwas zu verpassen. Der Freundeskreis oder die Kollegenschaft könnten sich ja gerade über wichtige Neuigkeiten austauschen und man selbst erfährt als Letzte/-r davon, weil man nicht zur rechten Zeit online war. Hierfür wird oft auch das Kürzel FOMO – englisch für „Fear of missing out“ – verwendet. Ständig eintreffende Informationen haben zudem auch physiologische Auswirkungen. So führen die Signale, die beispielsweise eine neue Nachricht ankündigen, zu einer Dopamin-Ausschüttung – und das kann laut Experten/Expertinnen auch süchtig machen.

Der Online-Austausch kann aber auch Einfluss auf unser Selbstwertgefühl haben. Mag. Wolfgang Bilinski, Trainer für Resilienz und Selbstmanagement, u.a. im WIFI Wien: „Wir sind alle soziale Wesen. Wenn wir uns online mit anderen austauschen, dann bekommen wir eine Form der Anerkennung und Rückmeldung – und das stärkt unser Selbstwertgefühl.“ Das gilt im Übrigen nicht nur im privaten Bereich: „Im beruflichen Kontext fällt das Abschalten oft dann schwer, wenn man sich durch die digitalen Medien in irgendeiner Form wichtig fühlt, Bestätigung bekommt oder das Gefühl hat, gebraucht zu werden“, so Bilinski.

Information Overload

Dass wir mit zu vielen Tasks zeitgleich nicht gut umgehen können, zeigen zahlreiche Studien zum Thema Multitasking. Im Zusammenhang mit Informationen, die durch die neuen Technologien ständig auf uns eintreffen, wird oft auch der englische Begriff „continuous partial attention“ – also eine Art ununterbrochene partielle Aufmerksamkeit – gebraucht. Gary W. Small, Professor für Psychiatrie an der Universität für Kalifornien, erklärt in einem Beitrag für die „New York Times“, dass wir im Versuch, nichts zu verpassen, ununterbrochen die Umwelt nach der nächsten spannenden Information abscannen. Das versetzt unser Gehirn jedoch in einen erhöhten Stressmodus und führt zu einer Daueranspannung. In der Folge bleibt weniger Zeit, um zu reflektieren oder durchdachte Entscheidungen zu treffen. Für Dr. Bert Theodor te Wildt, Leiter der Online-Sucht-Ambulanz OASIS, ist eine zeitweise Abstinenz von den digitalen Geräten auch vor dem sozialen Hintergrund wichtig, wie er in einem Interview mit aerzteblatt.de sagt: „Wenn ein Gerät ständig piepst und irgendetwas von uns will, schaden wir uns, weil wir die Menschen um uns herum aus den Augen verlieren.“ Er rät zudem, digitale Geräte idealerweise spätestens eine Stunde vor dem Schlafengehen auszuschalten, denn das Licht, dem wir durch das Display ausgesetzt sind, beeinflusst unseren Melatoninstoffwechsel und verschlechtert damit unser Schlafverhalten.

Detox für den Geist

Wenn es um einen bewussten Umgang mit unseren elektronischen Geräten geht, ist vor allem der/die Einzelne gefordert. „Man selbst ist der Kapitän und muss das Steuer in die Hand nehmen und dorthin steuern, wo man hin möchte. Kontrolle zu entwickeln und zu verspüren, ist hier das Ziel“, so Bilinski. Zumindest ist dafür schon ein Bewusstsein vorhanden, wie sich ebenso aus dem D21 Digital Index ablesen lässt: Bereits jede/-r Vierte nimmt sich demnach vor, in Zukunft öfter offline zu sein. Dass man dabei auch gewillt ist, sich Hilfe von außen zu holen, zeigt die Entwicklung einer Vielzahl an neuen Geschäftszweigen, die in den letzten Jahren rund um den Begriff Digital Detox, welcher der bewussten Auszeit von elektronischen Geräten einen Namen gibt, entstanden sind. Apps, Hotels oder sogar eigene Digital Detox Camps – das Spektrum an Angeboten, die uns beim Abschalten helfen wollen, ist riesig. Wo aber ansetzen, wenn man nicht noch eine weitere App installieren möchte oder es nicht so reizvoll findet, mit Fremden in netzfreien Wäldern zu entgiften? Hier sind sich die Experten/Expertinnen weitgehend einig: Bewusst Zeiten einplanen, in denen man nicht erreichbar sein muss, und die Geräte dann einfach mal abschalten!

 

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