In den Festtagen von Weihnachten bis Silvester wird besonders gerne zu Sekt und Co. gegriffen. Wir haben bei Prof. Dr. Walter Kutscher, Dipl. Sommelier und Lehrgangsleiter der Ausbildung zum „Sparkling Wine Connaisseur“ nachgefragt, wann uns Schaumwein sonst noch erfreuen kann und wie man ihn für seinen Einsatz optimal vorbereitet.

Prof. Kutscher, Schaumweine sind bei uns vor allem rund um feierliche Anlässe sehr beliebt. Was kann uns Schaumwein sonst noch bieten?

In der Regel wird bei uns zwischen dem Tag des Sekts, der am 22. Oktober ist, bis hin zu Silvester der meiste Schaumwein konsumiert. Doch Schaumwein ist weitaus vielseitiger. Neben der Verwendung als Anlassgetränk für Festlichkeiten oder als Aperitif lässt er sich auch als Speisenbegleiter wunderbar positionieren. Wer selbst schon einmal ein gesamtes Menü mit Sektbegleitung probiert hat, der konnte sicher feststellen, dass man sich danach viel leichter fühlt, als nach schweren und kräftigen Weiß- oder Rotweinen.

Champagner, Sekt, Frizzante – es gibt ja so vieles, was prickelt. Worin liegen eigentlich die Unterschiede?

Der Gesetzgeber unterscheidet grob in Perlweine (z.B. häufig Prosecco und Frizzante), Schaumweine und Qualitätsschaumweine. Der klassische österreichische Sekt wäre als Qualitätsschaumwein einzuordnen. Der Champagner wiederum ist ein Qualitätsschaumwein aus Frankreich, der nur aus der Region der Champagne kommt.
In Österreich gibt es zudem seit einigen Jahren eine neue Qualitätspyramide beim Sekt, wobei die Herkunft und strenge Qualitätsmaßstäbe die Grundlage bilden. Von der dreiteiligen Pyramide sind bereits die Kategorien Klassik und Reserve am Markt. Mit dem 22. Oktober 2018 wird dann auch die Große Reserve der Öffentlichkeit vorgestellt. Neu ist, dass alle drei Sekte mit geschützter Ursprungsbezeichnung (g. U.) wie der österreichische Qualitätswein geprüft werden und eine rot-weiß-rote Banderole tragen.

Ist der Preis ein guter Maßstab für die Qualität? Und sollte man sich beim Kauf beraten lassen?

Es ist klar, dass um 1,99 Euro nicht unbedingt ein Spitzenprodukt eingekauft werden kann. Qualität hat ihren Preis. Es muss allerdings auch nicht alles, was teuer ist, automatisch hochwertig sein. Sich zu informieren zahlt sich also aus. Wenn man selbst nicht das Wissen hat, sollte man sich daher unbedingt gut beraten lassen. Auf jeden Fall gilt: Beim ganz billigen Sekt ist man sicherlich falsch beraten. Aber um 15 Euro können wir in Österreich schon Spitzenqualität bekommen.

Wenn ich meinen Gästen zu Silvester etwas ganz besonderes anbieten will, was würden Sie empfehlen?

Ich habe für Gault Millau auch heuer wieder alle österreichischen Sekte verkostet. Dabei sind besonders empfehlenswert: das Weingut Schloss Gobelsburg, das Weingut Bründlmayer, das Weingut Steininger, die Sektmanufaktur Hugl, das Weingut Harkamp und das Weingut Langmayer. Da finden wir auch für kleine Brieftaschen tolle Qualität. Wenn sich jemand elitär verhalten will, dann würde ich etwas aus dem Millésimé-Bereich empfehlen, also einen Jahrgangs-Champagner. Zum Beispiel den „Sir Winston Churchill“ oder einen „Dom Perignon“. Das sind dann aber schon Produkte, die deutlich über 100 Euro kosten.

Wie bereite ich den Schaumwein optimal für seinen Einsatz vor?

Den Sekt lieber zu früh kühlen als zu spät. Und bitte keine Schockkühlung! In der Regel heißt das, mindestens einige Tage vorher in den Kühlschrank legen. Und: Je wertvoller das Produkt, desto höher darf auch die Temperatur sein. 9-10 Grad Serviertemperatur kann ein Spitzensekt oder Champagner schon haben.

Und welches Glas ist das richtige?

Schaumwein ist eine elitäre Form von Wein und hat ebenfalls Bukett (Anm.: das Bukett bezeichnet die Duftnoten des Weines). Da er kühler serviert wird, wird das Bukett ohnehin schon ein wenig unterdrückt. Das heißt: Man darf nicht zu kleine und zu schlanke Gläser nehmen. Das Glas darf ruhig ein bisschen bauchiger sein – zum Beispiel eignet sich ein normales Weißweinglas. Aber: auf keinen Fall Sektschalen – das ist Humbug. Seit Kurzem gibt es auch ein österreichisches Sektglas von der Firma Riedel, das als idealer Kompromiss gilt.

Gilt es beim Einschenken etwas zu beachten?

Beim Öffnen der Flasche zunächst darauf achten, den Korken nicht wie ein Formel 1 Weltmeister knallen zu lassen, sondern sie ganz dezent öffnen – es darf nur ein ganz zartes Geräusch machen. Die Engländer sagen dazu mit einem Augenzwinkern „angels fart“, also Engelsfurz. Beim Einschenken die Gläser ausheben und schräg halten, damit die Kohlensäure nicht gleich verloren geht. Und: Die Gläser keinesfalls zu voll füllen, da man sonst nichts riechen kann. Gerade Schaumwein hat durch die Kohlensäure die Möglichkeit die Duftstoffe aus dem Glas zu befördern – aber das gelingt eben nur in einem entsprechenden Glas!

Stichwort Reste: Oft bleibt etwas übrig – angeblich soll hier ein Silberlöffel helfen.

Das ist eher eine Mär aus der Vergangenheit. Optimal wäre natürlich ein Sektverschluss, der wirklich gut abdichtet. Auch ein Kork von einer Weinflasche kann notfalls aushelfen. Noch wichtiger aber: Kühl stellen! Dann kann man auch Sekt über mehrere Tage lang trinken. Ich habe sogar gute Sekte und Champagner erlebt, die am nächsten Tag noch besser waren, als frisch geöffnet.

Zum Abschluss bzw. zum Jahresende noch ein kurzer Blick in die Zukunft: Was sind die großen Trends im Bereich Schaumwein?

Unvermindert gibt es einen Trend zu Rosé Sekt, wobei Österreich hier aber noch etwas Aufholbedarf hat. Ebenso sind naturtrübe Produkte, also eigentlich die Urform des Schaumweins (Pet Nat), immer mehr im Kommen. Auch Schaumweine ohne Dosage sind in der Gastronomie immer mehr zu finden. Auf der anderen Seite sind auch fruchtige, weinige Sekte mit Sortencharakter als Nischentrend zu beobachten. Auf jeden Fall denke ich, dass das Bewusstsein für Qualität beim österreichischen Schaumwein steigt. Und ich glaube: So wie es das Weinwunder gegeben hat, sind wir mit dem österreichischen Sekt ebenfalls auf Erfolgskurs!

Herzlichen Dank für das Gespräch!

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