Zwischen Smart Buildings, Nachhaltigkeit und Flexibilität – BM DI Andreas Hauser über die neuesten Entwicklungen in der Baubranche und über die Skills, die künftig in diesem Berufsfeld gefragt sind.

Herr Hauser, in der Baubranche hat sich in den letzten Jahren viel getan. Was waren die größten Veränderungen?

Die Urbanisierung erforderte, immer mehr Bauten in immer kürzerer Zeit und mit möglichst wenig Belastung der Anrainer und der übrigen Umwelt zu errichten. Sowohl in Sachen Nachhaltigkeit als auch bei der Digitalisierung sah sich die Baubranche daher einem sehr hohen Veränderungsdruck gegenüber. Zudem haben neue digitale Werkzeuge, wie beispielsweise BIM (Anm.: Building Information Modeling), die Branche stark verändert. Auch die Anforderungen an die Produkte der Bauwirtschaft – die Gebäude – haben sich innerhalb sehr kurzer Zeit gewandelt. Bei Neubauten oder umfassenden Sanierungen wird eine Vernetzung heute gleich mitgeplant. Beispielsweise steuern dann Smartphone oder Sensoren Jalousien und Kunstlicht gleichzeitig. Das sorgt für auf den individuellen Bedarf abgestimmte Beleuchtungskonzepte.

Wie wird das Gebäude der Zukunft aussehen?

Die Wohnform von Morgen heißt Smart Building und trägt zur Sicherheit und Energiewende bei. Das Gebäude der Zukunft versorgt sich nicht nur selbst mit Wärme und Strom, sondern soll dabei auch auf fossile Brennstoffe verzichten. Konzepte für diese sogenannten Energieeffizienzhäuser gibt es einige. Photovoltaik-Zellen, die in eine Fassade eingefasst sind, oder Windkraftwerke auf Wolkenkratzern, die den dort vorherrschenden beinahe konstanten Luftstrom nutzen, sind Beispiele, wie so eine Energieselbstversorgung gelingen kann.

Nachhaltigkeit ist also ein relevantes Thema…

Nachhaltige Konzepte sind gerade am Bau gefragt. Damit sie wirksam sind, müssen sie angefangen von der Beschaffung der Rohstoffe bis hin zum Abtragen des Gebäudes alle Aspekte umfassen. Dass dies mithilfe smarter Technologie aber auch traditioneller Baustoffe möglich ist, zeigen bereits einige ausgeklügelte Projekte und eindrucksvolle Bauwerke – aus Holz, Lehm, Stroh oder vielen anderen Baustoffen.

Ein Blick auf die aktuelle Situation: Welche Auswirkungen hatte die Corona-Krise auf das Bauwesen?

In der Baubranche ist man mit einem blauen Auge davongekommen, befürchtet wird jedoch eine verspätete Auswirkung der Wirtschaftskrise. Die Materialpreise steigen in einem rasanten Tempo und es kommt vermehrt zu Lieferengpässen und Bauverzögerungen. Sowohl ArbeitgeberInnen als auch ArbeitnehmerInnen verlangten zudem nach flexiblen Arbeitszeitmodellen, die uns auch zukünftig begleiten werden.

Was bedeutet das in weiterer Folge?

Die Grenzen zwischen Arbeitsleben und dem Privaten verwischen oder verschwinden dadurch gar ganz. Flexibel arbeitende und lebende Menschen verlangen wiederum auch den Bauten und den Wohnungen mehr Flexibilität ab: Einzelne Räume oder ganze Gebäude müssen sich schnell umgestalten lassen, um genau jenen Bedarf zu befriedigen, der gerade gefragt ist. Nicht nur Personen oder Organisationen, auch Gebäude müssen in Zukunft agil sein.

Welche Entwicklungen werden in Zukunft noch auf uns zukommen?

Angefangen beim schon oft beschriebenen Building Information Modeling (BIM) reicht die Technologisierung weit über die Projektplanung hinaus. Lichter, Heizungsanlagen, Jalousien, Türschlösser, aber auch Haushaltsgeräte wie Kühlschrank, Waschmaschine oder Herd können bereits über Smart Home-Konzepte organisiert und gesteuert werden. Themen wie 3D-Druck und der vermehrte Einsatz von Robotik spielen ebenso eine wachsende Rolle im Bauprozess.

Für alle, die sich für eine Laufbahn im Bauwesen interessieren: Welche persönlichen Eigenschaften und Kompetenzen sollte man jedenfalls mitbringen, wenn man in diesem Bereich erfolgreich sein möchte?

Neben den besonders geforderten Skills wie Flexibilität, Belastbarkeit und Teamfähigkeit ist eine solide Ausbildung ein wichtiger Faktor für den beruflichen Erfolg am Bau. Die Neugier und Bereitschaft sich ein Leben lang weiterzubilden, die Aufgeschlossenheit gegenüber sich ändernden Arbeitsmethoden und der digitalen Kommunikation, werden dabei zukünftig eine noch wichtigere Rolle einnehmen.

Und wie sehen die Karrierechancen aus bzw. wie schafft man als EinsteigerIn den Sprung in die Branche?

Die Baubranche bietet einen schönen und vielseitigen Beruf, der auch anstrengend sein kann, aber nie langweilig wird. Darüber hinaus punktet eine Karriere am Bau mit ausgezeichneten Jobaussichten, sehr guter Bezahlung und zahlreichen Weiterbildungsmöglichkeiten. Sowohl BaufacharbeiterInnen als auch HTL-, Gymnasium- oder StudienabsolventInnen steht der Karriereweg bis hin zum/zur BaumeisterIn offen. Branchen-EinsteigerInnen haben die Möglichkeit, einen Lehrabschluss im 2. Bildungsweg zu erlangen und nach entsprechender Praxiszeit eine Werkmeisterschule zu besuchen – ein idealer Ausgangspunkt für weitere Karriereschritte!

BM DI Andreas Hauser ist Geschäftsführer der BAUAkademie Wien.

Bildcredits: © zhaojiankang/iStockphoto.com (Titel), © Andreas Hauser (Porträt)