Gute Vorbereitung und eine lösungsorientierte Haltung erlauben, auch in schwierigen Gesprächen zu einem konstruktiven Ergebnis zu gelangen. Welche Bestandteile dafür wesentlich sind, erklärt Mag. Michael Traindt, Experte für Verhandlungsführung.

Wir alle haben in unseren Berufen immer wieder schwierige Gespräche zu führen – sei es ein Kritikgespräch, eine heikle Gehaltsverhandlung oder eine Kündigung – und doch erlebe ich in meinen Seminaren, dass mit „schwierig“ sehr unterschiedliche Themenbereiche gemeint werden. Daher ist ein wesentlicher Bestandteil hin zur Lösung einer herausfordernden Kommunikationssituation die Frage „Was macht ein Gespräch tatsächlich schwierig?“. Ist es ein konkretes Verhalten, wie etwa „ein Laut werden im Meeting“ oder die Verletzung eines meiner Kernwerte, wie Gerechtigkeit? Oder wird eines meiner eigenen Bedürfnisse ignoriert, wie etwa die Anerkennung meines Einsatzes und zwar durchaus unabhängig vom tatsächlichen Erfolg?

Ein zweiter Bestandteil für eine konstruktive Gesprächsführung ist, das Verhalten des vermeintlich „schwierigen“ Gesprächspartners oder der „schwierigen“ Gesprächspartnerin zu verstehen – und zwar nicht um jedes Verhalten zu akzeptieren, sondern um mögliche Lösungen zu erkennen. Dies sind zwei zentrale Element um „klug zu reagieren, statt sich später zu ärgern“.

Dazu ein konkretes Bespiel eines Coachingkunden: Es handelt sich dabei um eine erfahrene Führungskraft mit einem sehr hohen Leistungsbewusstsein. Er verlangt sich selbst sehr viel ab, um beruflich erfolgreich zu sein und erwartet dies auch von seinem Team. Mein Kunde berichtet mir, dass es ihn maßlos aufregt, dass ein Teammitglied jeden Montag zum Jour Fixe um 8:00 Uhr zu spät kommt. Er meinte: „Wenn es einmal passiert, finde ich es schon unprofessionell, aber regelmäßig unpünktlich zu sein, ist ein Widerstand gegen meinen Anspruch an Professionalität. Und wie kommen die anderen im Team dazu, auf diesen Kollegen warten zu müssen?“

Mein Kunde wollte mit mir nun ein Kritikgespräch mit diesem unpünktlichen Teammitglied – „dem werde ich nun deutlich die Meinung sagen“ – der sonst, nach Angabe meines Kunden, ein hervorragender Mitarbeiter sei. Wir haben dann im ersten Schritt daran gearbeitet, seinen Ärger besser zu verstehen, um die richtigen Schlüsse draus zu ziehen: Es ging ihm dabei um Leistung und Respekt vor allen wartenden Teammitgliedern im Raum. Im zweiten Schritt ging es erst um die Frage der Unpünktlichkeit, „dem Widerstand“ wie es mein Kunde ausgedrückt hatte.

Frei nach Dr. Gunther Schmidt ist ein Widerstand ein Kooperationsangebot unter veränderten Bedingungen. Mein Kunde empfand diesen Zugang erstmal als „Schönreden“, ein „Ausweichen vom Problem“ und trotzdem hat er sich darauf eingelassen. Tatsächlich hatte er sich bislang immer mit der Kritik begnügt, dass er Unpünktlichkeit nicht dulde und sich nie nach den „veränderten Bedingungen“ gefragt. Es handelte sich ja um ein kompetentes und sonst auch verlässliches Teammitglied. Der vermeintliche Widerstand „zu spät kommen“ passte gar nicht zum sonstigen Verhalten.

Ich kürze das Fallbeispiel an diesem Punkt ab und komme gleich zum Ergebnis: Statt einer Standpauke hat er sich im Gespräch ausschließlich auf das Ziel der Pünktlichkeit und auf das „Kooperationsangebot unter veränderten Bedingungen“ des Mitarbeiters konzentriert. Der Mitarbeiter hat sich für sein Verhalten entschuldigt und darauf hingewiesen, dass er aus privaten Gründen am Montag 8:00 Uhr nicht immer schaffe, sich aber nicht auf die Betreuung seines Sohnes „rausreden wolle“, da es auch andere Eltern schaffen Familie und Beruf zu vereinbaren. Die beiden, mein Kunde und sein Mitarbeiter, haben sich dann in diesem Gespräch über Leistungsanspruch sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ausgetauscht. Sie haben in weiterer Folge im Team den Beginn des Montagsmeetings von 8:00 Uhr auf 8:30 Uhr verlegt und alle Beteiligten waren einverstanden.

Mir ist klar, dass es nicht in jedem Fall eine relativ einfache Sachlösung gibt und nicht jedes Meeting kann verschoben werden. Aber aus „dem werde ich nun deutlich die Meinung sagen“ wurde in diesem Beispiel ein sehr konstruktives sowie vertrauensbildendes Gespräch. „Klug reagieren statt später ärgern“ bedeutet gute Vorbereitung und eine lösungsorientierte Haltung.

Gastautor Mag. Michael Traindt (www.traindt.com) leitet die Seminarreihe Schwierige Gespräche am WIFI Managementforum. Er ist Autor des Buches „Schlagfertig. Wie man Gespräche im Job meistert und Familienfeiern überlebt.“ (2021, ecowin Verlag)

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