Suchen wir nach dem Glück, finden wir viele Antworten. Denn Glück bedeutet für alle etwas anderes. So vielfältig und facettenreich wie die Erscheinungsformen, so vielfältig sind auch die Wege zum Glück. Wir haben uns auf Spurensuche begeben.

Mit sich selbst im Einklang sein, Gesundheit, Familie und gute Freunde, in einer lebenswerten Stadt wie Wien wohnen oder einfach mal ausschlafen können – wenn wir andere danach befragen, was Glück für sie bedeutet, bekommen wir die unterschiedlichsten Antworten. Sicher ist: Glück findet sich im Kleinen wie im Großen, im Alltäglichen wie im Besonderen. Und Glück ist ein Universalthema. Was hat es also mit dem Glück auf sich?

Was uns glücklich macht

So individuell das Glücksempfinden auch sein mag, gewisse Schnittmengen gibt es. Das deutsche SINUS-Institut hat 2019 in einer Studie erhoben, was Menschen für ihr Glück brauchen. Zu den wichtigsten Dingen gehören demnach Gesundheit (51 %), eine gute Partnerschaft (32 %) und eine intakte Familie (31 %). Etwas dahinter folgen ausreichend Geld (25 %), ein schönes Zuhause (23 %) und Spaß und Freude am Leben (22 %). Glück und Geld hängen dabei übrigens nur bis zu einem gewissen Grad zusammen: Die Forschung zeigt, dass es hierbei vor allem darum geht, einen gewissen Lebensstandard zu erreichen. Sobald dieser erlangt ist, steigt das Glücksempfinden nicht mehr automatisch mit dem Einkommen.

Besonders relevant für unser Glück sind jedenfalls Beziehungen. Das eindeutige Ergebnis einer der am längsten laufenden Studien aus Harvard zu diesem Thema: „Gute Beziehungen machen uns glücklicher und gesünder“, so Robert Waldinger, Psychiater und einer der Studienleiter, in einem TED-Talk. Das bedeutet allerdings nicht, dass man in einer Partnerschaft leben oder verheiratet sein muss, um glücklich zu sein. Vielmehr geht es dabei um unsere sozialen Beziehungen generell, darum, wie gut wir mit anderen Menschen in unserem Leben vernetzt sind.

Ist Glück messbar?

Klingt plausibel, aber lässt sich überhaupt messen, wie glücklich jemand ist? Ja, sagen WissenschaftlerInnen. Und zwar am einfachsten, indem man die Menschen dazu befragt. Denn jeder/jede hat eine gewisse Einschätzung, wie glücklich er oder sie gerade ist. Wenn Sie sich selbst auf einer Glücksskala einordnen möchte, probieren Sie Folgendes: Stellen Sie sich eine Leiter mit zehn Sprossen vor. Die höchste Sprosse würde Ihrem bestmöglichen Leben entsprechen, die niedrigste dem denkbar schlechtesten. Wo würden Sie sich zum jetzigen Zeitpunkt Ihres Lebens einordnen? Diese sogenannte Glücksleiter wird auch im World Happiness Report verwendet, um den Glückswert verschiedener Länder rund um den Globus zu messen und miteinander zu vergleichen. Österreich zählt im World Happiness Report 2021 mit Platz 10 übrigens zu den zehn glücklichsten Ländern weltweit.

Des Glückes Schmied

ForscherInnen fanden vor Jahren heraus, dass auch unsere Gene mit dafür verantwortlich sind, wie glücklich wir sind. Aber heißt das im Umkehrschluss, dass wir selbst gar nicht so viel Einfluss darauf nehmen können? Nein, zum Glück nicht! Denn wir können – sowohl abseits von genetischer Veranlagung als auch den äußeren Umständen – sehr wohl aktiv etwas dazu beitragen, ob wir uns glücklich fühlen oder nicht. Wie das gelingt, erfahren Sie unter anderem im anschließenden Interview mit Glücksexpertin Dr. Gloria Pettermann. Sie hat auch eine Übung mitgebracht, die dabei hilft, die Aufmerksamkeit für Glücksmomente zu öffnen (siehe Kasten).

Dr. Gloria Pettermann ist NLP-Trainerin u.a. im WIFI Wien und beschäftigt sich seit über 10 Jahren mit dem Thema Glück.

„Glück findet man durch individuelle Haltungen“

Expertin Dr. Gloria Pettermann im Interview

Frau Dr. Pettermann, die meisten von uns kennen das vermutlich: Wir erleben einen ganz normalen Tag und am Abend grübeln wir trotzdem über das Einzige, das schiefgelaufen ist. Wieso bemerken wir das Unangenehme und Ärgerliche oft viel stärker als das Positive?

Gloria Pettermann: Das liegt an unserer genetischen Prägung. Wir richten unsere Aufmerksamkeit etwa sechs Mal stärker auf das, was unerwartet ist und uns stört, als auf das, was für uns „normal“, das heißt zufriedenstellend verläuft. Die Evolution will damit primär unser reines Überleben sichern. Aber: Alles, was dieser Verschiebung der Wahrnehmung entgegenwirkt, ist schon ein erster Schritt zur inneren Entlastung und zur Öffnung für Momente des Glücks.

Ist Glücklichsein eine Veranlagung oder können wir es auch „erlernen“?

Menschen sind verschieden und haben sehr individuelle Glücksveranlagungen. Aber natürlich können wir auch Einfluss auf unsere eigene Offenheit für das Sinnvolle, Angenehme und Erfreuliche nehmen. Dabei müssen wir uns jedoch nicht krampfhaft zum sogenannten „positiven Denken“ zwingen. Wir können stattdessen unsere inneren Perspektiven behutsam und angemessen neu ausrichten und auch neue Handlungsmöglichkeiten erproben.

Und wie gehen wir das am besten an?

Genau das ist die Grundfrage der „Positiven Psychologie“, die 1998 vom Präsidenten der Amerikanischen Psychologischen Gesellschaft (APA), Dr. Martin Seligman, gegründet wurde. Er hatte sich gemeinsam mit einigen KollegInnen schon lange gefragt, warum sich die Psychotherapie immer nur mit Defiziten beschäftigt. Wäre es nicht sehr sinnvoll, sich einmal die andere Seite anzusehen: Was gibt Menschen Kraft, Durchhaltevermögen, Zufriedenheit und Freude? Diese sich noch immer weiterentwickelnde Glücksfoschung stellte er auf eine solide wissenschaftliche Basis.

Wie kann ich also Einfluss auf mein Glücklichsein nehmen und die Kraft der persönlichen Glücksorientierung aktivieren?

Glück ist für jede Person etwas ganz anderes. Man findet Glück deshalb nicht durch allgemeine Rezepte, sondern durch individuelle Haltungen. Die Positive Psychologie hat schon zwei Jahrzehnte lang zahlreiche praktische Anhaltspunkte erforscht, die das eigene Glücksempfinden im Alltag fördern und stabilisieren. Eine Übung zum Nachmachen habe ich den LeserInnen mitgebracht (siehe Kasten). Viele weitere solcher wirksamen „Glücksbooster“ wende ich mit den TeilnehmerInnen im WIFI-Seminar „Glücksorientierung als persönliche Kraftquelle“ konkret an.

Was dürfen sich die TeilnehmerInnen von Ihrem Seminar noch erwarten?

Mir geht es um einen möglichst flexiblen und pragmatischen Zugang zu diesem komplexen Thema, der auch individuell gut vermittelt werden kann. Auf ihrem Weg zur Glückskompetenz bekommen die TeilnehmerInnen zahlreiche gedankliche und praktische Anregungen aus verschiedenen erprobten Bereichen. Intuitiv werden die Anwesenden entscheiden, welche dieser Perspektiven und Verhaltensweisen sie in ihre persönliche Glückskompetenz einbeziehen wollen.

Zum Abschluss: Ist dauerhaftes Glück überhaupt möglich?

Glück als Höhenflug der Gefühle ist meist von eher kurzer Dauer. Ein individuelles, gutes Gefühl und eine grundlegende Zufriedenheit können uns aber auch über weite Strecken des Lebens begleiten. Ich persönlich glaube, dass wir in den besten Momenten unseres Lebens einen Hauch davon spüren können, und ich hoffe, dass auf uns letztlich ein wunschloses, unermessliches Glück warten wird.

Mit dieser Übung öffnen Sie Ihre Glückskanäle

Nehmen Sie sich möglichst jeden Abend fünf Minuten Zeit, in denen Sie völlig ungestört sind. Beginnen Sie damit, sich zu dehnen und zu strecken.

Nun finden Sie einen – wenn auch noch so kleinen – schönen Moment in Ihrem heutigen Tagesablauf. Schließen Sie die Augen und erleben Sie diese Szene nochmals, so als würden Sie sich wieder mitten darin befinden. Sehen Sie alles, was Sie sehen können, in den schönsten und farbigsten Formen. Hören Sie danach alles, was Sie hören können – Stimmen, Geräusche usw. Gehen Sie nun in Ihr Gefühl, das Sie in diesem Moment hatten. Verspüren Sie die besondere Beschaffenheit dieses Glücks, wie z.B. Wertschätzung, Entspannung, Energie, Zufriedenheit, Stolz, Motivation oder Leichtigkeit.

Genießen Sie diesen Moment dann noch einmal als Gesamterlebnis für eine Minute. Beenden Sie die Übung, indem Sie sich wieder dehnen und strecken.

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