Was machen eigentlich IFRS-BeraterInnen? Und wie können Unternehmen von deren Know-how profitieren? Dr. Nikolai Haring gibt in seinem Gastbeitrag einen Überblick über das umfassende Aufgabenspektrum der IFRS-Beratung.

Immer wieder entschließen sich Unternehmen dazu, vom nationalen Rechnungslegungssystem (in Österreich: UGB-Rechnungslegungsnormen) auf eine Rechnungslegung nach internationalen Rechnungslegungsregeln (International Financial Reporting Standards, kurz IFRS) umzustellen. Anlass sind oft geplante Börsengänge oder entsprechende Erwartungen von BilanzleserInnen – insbesondere KapitalgeberInnen – hinsichtlich einer entscheidungsnützlicheren und transparenteren Finanzberichterstattung. Hier können IFRS-BeraterInnen mit ihrem Know-how gut unterstützen. Doch das Aufgabenspektrum der IFRS-Beratung ist noch weitaus vielfältiger.

Da sich die IFRS in einer hohen Geschwindigkeit ändert, ist auch die Unterstützung bei der Implementierung neuer oder geänderter IFRS ein wichtiger Tätigkeitsbereich. Weiters bieten Workshops nicht nur die Möglichkeit, IFRS-Wissen an die MitarbeiterInnen weiterzugeben. Es kann dabei auch auf konkrete Unternehmensspezifika eingegangen werden – ein großer Benefit für jeden Betrieb. Fachstellungnahmen, gutachterliche Tätigkeiten sowie Sparring-PartnerInnen für Diskussionen sind weitere Bereiche, in denen IFRS-BeraterInnen aufgrund ihres umfassenden Wissens gerne eingesetzt werden.

Was ebenso zu den Aufgaben gehört: Die Erstellung und Aktualisierung von IFRS-Bilanzierungshandbüchern sowie die Unterstützung bei der Abschlusserstellung. Eine wichtige Rolle nimmt außerdem die Vorbereitung auf und die Unterstützung bei Enforcement-Verfahren durch die „Bilanzpolizei“, die österreichische Prüfstelle für Rechnungslegung (OePR) ein. Außerdem können IFRS-BeraterInnen bei Kaufpreisallokationen im Zuge von Unternehmensübernahmen unterstützen, wo es darum geht, den Kaufpreis auf die einzelnen Bilanzpositionen herunterzubrechen.

Da in der IFRS-Beratung meist generell ein gutes Rechnungslegungs-Know-how vorhanden ist, ist oft auch eine Beratung in Hinblick auf UGB-Themen möglich, ebenso eine Beratung bei der elektronischen Finanzberichterstattung gemäß IFRS (European Single Electronic Format, kurz ESEF-Reporting). Schließlich können IFRS-BeraterInnen Unternehmen auch beim integrated reporting (Art. 8 Taxonomie-VO) unterstützen.

Wie man sieht: Die Möglichkeiten, sich mit diesem Thema selbstständig zu machen, sind breit gefächert. Doch auch auf Unternehmensseite gibt es die Möglichkeit, als IFRS-BeraterIn Fuß zu fassen. So ist IFRS-Beratungsexpertise insbesondere bei größeren Wirtschaftsprüfungskanzleien gefragt, die nicht nur IFRS-Abschlüsse prüfen, sondern auch hinsichtlich der IFRS-Rechnungslegung beraten. Mit dem entsprechenden Wissen, Einsatz und Führungsqualitäten kann man es dort bis zum Partner bringen.

Das Aufgabengebiet eines IFRS-Beraters/einer IFRS-Beraterin ist also überaus vielfältig und abwechslungsreich. Doch was braucht es, um in diesem Bereich, in dem sowohl Einzel- als auch Teamarbeit gefragt sind, erfolgreich zu sein? Neben einer profunden Ausbildung im Finanz- und Rechnungswesen – und hier natürlich insbesondere im IFRS-Bereich – ist auch Weiterbildung unerlässlich, um stets auf dem Laufenden zu bleiben. Während es für die Beschäftigung mit der Rechnungslegungsmaterie analytisches Denken und Genauigkeit braucht, sind im Klientenkontakt wiederum emotional-soziale Qualitäten gefragt. Die Abwicklung von Projekten verlangt zudem immer wieder entsprechendes unternehmerisches Handeln.

Alles in allem ein anspruchsvolles Profil. Doch wer den Sprung wagt und in die spannenden und unerschöpflichen Tiefen der IFRS-Beratung eintauchen möchte, wird mit einer abwechslungsreichen und spannenden Tätigkeit und ausgezeichneten Karrierechancen belohnt!

Gastautor Dr. Nikolai Haring hat über zwanzig Jahre Berufserfahrung und ist Manager im Accounting & Reporting Advisory Services-Team (für Industrieunternehmen) bei Deloitte Österreich. Hierbei unterstützt er aktuell Klienten bei IFRS-Spezialthemen im Rahmen der Implementierung neuer Standards, bei der Umstellung auf IFRS und bei PPAs; weiters hält er maßgeschneiderte IFRS-Workshops ab. Außerdem ist er mit fachlichem Input in die Prüfung Kapitalmarkt-orientierter Unternehmen eingebunden. Neben seiner Tätigkeit bei Deloitte ist Herr Haring als Fachvortragender im IFRS-Bereich an der Akademie der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (ASW) und am WIFI Wien aktiv sowie Autor zahlreicher Fachpublikationen im Bereich Controlling, Finanz- und Rechnungswesen sowie Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Bildcredits: © Funtap-stock.adobe.com (Titel), © Deloitte (Porträt)