Eine kompetente Buchhaltung ist gerade in Ausnahmesituation unerlässlich, weiß Buchhaltungsexpertin Carola Berthold. In ihrem Gastbeitrag erklärt sie, wie der mit Corona einhergehende Digitalisierungsschub das Berufsfeld verändert hat.

Die letzten Monate haben einige festgefahrene Strukturen aufgebrochen – nicht nur Unternehmensstrukturen, sondern auch Strukturen von Tätigkeitsfeldern und Anforderungsprofilen, unter anderem auch jene der BuchhalterInnen. Die seit Jahren fortschreitende Digitalisierung führt bereits lange – bis dato aber nur mehr oder weniger schleichend – zu einem Wandel und einer Verlagerung der Aufgaben der MitarbeiterInnen im Rechnungswesen. Das Jahr 2020 hat dem Thema Digitalisierung definitiv einen Schub gegeben, was von den BuchhalterInnen eine Fülle neuer Kompetenzen und mitunter das Loslassen von Altbewährtem und das Beschreiten neuer Wege verlangt.

2020 musste in den meisten Unternehmen auch die Buchhaltung kurzfristig ins Homeoffice wechseln. Und hier wurde schnell klar: Unternehmen, die bei der Digitalisierung hinterherhinken, deren Prozesse wenig automatisiert waren, taten sich schwer, außerhalb ihrer eigenen Büroräumlichkeiten das laufende buchhalterische Tagesgeschäft abzuwickeln. Besonders schwerwiegend war es, wenn noch kein digitales Datenmanagementsystem implementiert war und zum Beispiel der Rechnungsworkflow noch in Form von Papierbelegen abgewickelt wurde. Dann waren plötzlich selbst laufende Belege, wie Eingangsrechnungen, Ausgangsrechnungen, Kassa und Banken nicht mehr greifbar.

Digitalisierung und Homeoffice fordern von BuchhalterInnen definitiv mehr Kommunikation und Beziehungsmanagement. Oft nicht einfach für unsere Berufsgruppe, denn Veränderungsfreudigkeit ist nicht unbedingt eine unserer ausgeprägtesten Kompetenzen, dafür aber Detailverliebtheit. Und all jene Eigenschaften, die unser Berufsbild besonders auszeichnen und die an uns BuchhalterInnen immer geschätzt wurden, wie Genauigkeit, Verlässlichkeit und Organisationsgeschick, waren in den letzten eineinhalb Jahren wieder besonders gefragt. Arbeiten, die wir lieben: in neue Sachverhalte einlesen, organisieren, strukturieren, Anträge ausfüllen, etc. Beantragungen und Einreichungen sämtlicher Hilfsmaßnahmen, wie Kurzarbeit oder Steuerstundungen, waren zum Großteil Arbeiten der Buchhaltungsabteilung. Die BuchhalterInnen haben in Covid-19-Zeiten Außerordentliches geleistet und es hat sich gezeigt: Eine kompetente Buchhaltung ist gerade in Ausnahmesituation unerlässlich.

Somit ist klar, zweifelsohne durchlebt das Rechnungswesen gerade eine Veränderung, aber es wird nicht die Abschaffung der BuchhalterInnen zur Folge haben. Dies bestätigt auch erneut die alljährliche Studie „Digitalisierung im Rechnungswesen“ von Deloitte*. Sie zeigt auf, dass MitarbeiterInnen der Buchhaltungsabteilung nur zu einem geringen Teil von der Kurzarbeit betroffen waren und somit nach wie vor einen krisensicheren Beruf haben. Dies widerlegt ein weiteres Mal die seit Jahren bestehenden Vorhersagungen des Aussterbens dieses Berufsstands.

Aber dennoch: Die künftige Arbeitswelt von BuchhalterInnen wird anders aussehen und sie sind gefordert die Herausforderung der Veränderung anzunehmen. Künftig werden sie mehr am System als im System arbeiten. Arbeitsinhalte werden sich von Routinetätigkeiten zu qualitativen Aufgaben verschieben, die einerseits Monotonie verringern, aber auch neue Anforderungen an die Bereitschaft zur Veränderung stellen. Die künftigen Tätigkeiten und Aufgaben verändern das Anforderungsprofil und die geforderten Qualifikationen werden sich erhöhen. Um die neuen Aufgaben zu bewältigen und die Vorteile der Digitalisierung zu nutzen, benötigen MitarbeiterInnen im Rechnungswesen neben einer hohen Fachqualifikation und einem ganzheitlichen buchhalterischen Verständnis ausgeprägte IT-Kenntnisse sowie Kompetenzen in Kommunikation und Beratung.

 

Gastautorin Carola Berthold, MSc ist Trainerin am WIFI Wien im Bereich Buchhaltung/Bilanzierung und hat jahrelange Berufs- und Führungserfahrung in internationalen Konzernen – vom Kreditorenbereich bis hin zur Leitung Rechnungswesen. Ihr theoretisches und praktisches Wissen gibt sie heute als Unternehmensberaterin an Unternehmen und die nächste Buchhalter-Generation weiter.

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