Schaut man auf gängige Führungsansätze, so wird man schnell feststellen, dass sie vorwiegend auf Präsenzformate ausgerichtet sind. Zwar werden die Regeln der klassischen Führung im virtuellen Raum nicht außer Kraft gesetzt, aber es gelten sensiblere Bedingungen, weiß Mirjam von Hofacker, Organisationsberaterin bei „BRAINS AND GAMES“.

Ob und wie das Führen von virtuellen Teams gelingt, hängt maßgeblich von wichtigen Qualitäten in der Beziehungsgestaltung ab.

#EMPATHIE

Empathie ist der „Klebstoff“, der ein virtuelles Team – besonders in Krisenzeiten − zusammenhält. Empathie dient ganz wesentlich dem Vertrauensaufbau und wirkt allgemeiner Verunsicherung entgegen. Bei eingeschränktem Kontakt kommt der informellen Ebene eine größere Bedeutung zu und Führungskräfte müssen mehr denn je auf Details achten. Dabei kann die starke Vorbildwirkung ein wichtiger Hebel sein: Führungskräfte, die mutig ihre eigenen Gefühle äußern, wirken auf andere authentisch und echt.

#VERTRAUEN

Vertrauen wird regelmäßig als eines der Hauptkriterien für erfolgreiche Führung genannt. Eine ganz andere Dringlichkeit erhält dieses Thema, wenn Führungskräfte ihren MitarbeiterInnen physisch nicht mehr über die Schulter blicken können und das vermeintliche Gefühl von Kontrolle nicht wie gewohnt existiert. Wie schaffen wir eine gegenseitige, kraftvolle Vertrauenskultur? Die Lösung ist das, was wir als „Reverse Trust“ bezeichnen: Sie müssen zuerst Vertrauen schenken, um es sich selbst zu verdienen. Ein essenzielles Kriterium für jede Führungskraft, die einen nachhaltigen Zusammenhalt im Team schaffen möchte. Vertrauen gilt als Grundbaustein, von dem alle anderen Trends und Entwicklungen abhängen: Trust is a Must!

#TRANSPARENZ

Durch die Abgeschiedenheit zu KollegInnen und zu unmittelbaren Führungskräften entsteht leicht das Gefühl, nicht ausreichend informiert zu sein, bei und im Austausch über Unternehmensentwicklungen nicht involviert zu sein. Das sorgt für Interpretationsspielraum. Durch umfassende Transparenz können EntscheidungsträgerInnen mit bestem Wissen und Gewissen handeln und entscheiden. Ein transparenter Informationsaustausch gibt auch den MitarbeiterInnen die Möglichkeit, ihre Arbeit sichtbar zu machen, gemeinsam auf Ergebnisse zu blicken und so den Fokus auf die Ziel- und Ergebnisorientierung zu richten. Wenn Wissen Macht ist, liegt es nahe, dass ein offener Austausch auf Augenhöhe eine wesentliche Voraussetzung für die Übernahme von Verantwortung ist.

#RITUALE

In Zeiten, die von Volatilität und ständigem Wandel geprägt sind, sorgen gemeinsame Rituale für mehr Vorhersehbarkeit und Struktur. Wir wissen zwar nicht, welchen Herausforderungen wir morgen gegenüberstehen, aber wir gehen davon aus, dass Stolpersteine und Hürden dazugehören. Um dem Unvorhersehbaren gelassener zu begegnen, sorgen strukturierte Rituale für ein Gefühl der Verbundenheit und Sicherheit in unsicheren Zeiten. Das können formale Formate sein, wie der 15-minütige morgendliche Check-in, um sich über aktuelle Entwicklungen zu informieren und einen Kurs für den Tag festzulegen, oder informelle Treffen zur Stärkung der Beziehungsebene wie Social Meet-ups oder virtuelle After-Work-Drinks.

#VIRTUELLE TEAMKULTUR

Ein Gefühl für Teamkultur zu vermitteln, ist möglicherweise der schwierigste Teil von Remote Work, aber auch der wichtigste. Hier gilt es, vor allem auf die immateriellen Aspekte des Teams zu blicken und den Fokus auf gemeinsame Werte und Erfolge sowie auf die Einzigartigkeit des Teams zu lenken. Das bedeutet auch, gemeinsam zu reflektieren, wie diese neue Form der Zusammenarbeit gelebt wird, Ansprüche zu diskutieren, die erfüllt werden sollen, und neue Bedürfnisse zu erkennen, aber genauso Ängste, Unsicherheiten und Hoffnungen gemeinsam zu teilen. Das schafft Identifikation, Zusammenhalt und Verbundenheit.

Gastautorin Mirjam von Hofacker, MA, ist Expertin für Führung, Veränderungsbegleitung und systemisches Coaching.

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