Lebens- und SozialberaterInnen helfen, belastende oder schwer zu bewältigende Situationen zu erleichtern, indem sie Menschen beim Erarbeiten von Lösungen unterstützen. Wie man anderen Menschen hilft, ohne sie dabei zu bevormunden, verrät Beate Kolouch, diplomierte Lebensberaterin und Lehrgangsleiterin am WIFI Wien.

Frau Kolouch, viele Menschen halten persönliches Engagement für wichtig, dennoch setzen sich nur wenige tatsächlich aktiv für andere ein. Woran liegt das?

Beate Kolouch: Möglicherweise an der Scheu oder Angst, anderen wirklich zu begegnen und sich dann mit den vielleicht nicht bewältigbaren eigenen Gefühlen auseinandersetzen zu müssen. Wegschauen ist da oft der einfachere Weg.

Wovon hängt die Bereitschaft für das soziale Engagement denn ab? Wann sind Menschen bereit, sich für andere zu engagieren?

Studien belegen, dass die Motive für soziales Engagement von vielen Faktoren abhängen. Ein wichtiger Faktor ist, etwas Nützliches zur Gesellschaft beitragen zu wollen. Spaß am Engagement und die Zugehörigkeit zu einer Gruppe oder einem Verein sind auch wesentliche Treiber.

Wer anderen hilft, ist oft auch selbst glücklicher …

Ja, genau! Die wichtigste Auswirkung des Helfens ist die Steigerung des Selbstbewusstseins. Wir fühlen uns gut, wenn wir anderen helfen, haben das Gefühl, viel bewegen zu können und zum Glück anderer beitragen zu können. Und man bekommt viel zurück. Dankbarkeit und Anerkennung. Und das brauchen wir alle.

Warum braucht es Unterstützung durch LebensberaterInnen?

Normalerweise können wir auftretende Probleme und Schwierigkeiten im Leben selber gut meistern. Doch manchmal gelingt das nicht – auch nicht mit Hilfe von guten Freunden. Hier kann ein/eine LebensberaterIn helfen. Durch das professionelle Hinhören und Begleiten bekommt der/die KlientIn eine „Außensicht“ und hat so die Möglichkeit, seine/ihre Sichtweisen zu ändern und seine/ihre Ressourcen zu aktivieren.

Welche Themen umfasst die Lebensberatung?

Dazu gehören alle lebensverändernden Themen aus allen Lebensrollen. Ob es sich dabei um berufliche Veränderung oder um Beziehungsprobleme handelt: Man kann sich in allen Bereichen, in denen man alleine nicht weiterkommt, die Unterstützung eines/einer psychologischen Beraters/Beraterin holen.

Welche Bereiche sind da besonders gefragt?

Oft sind es berufliche Themen, mit denen Menschen in die Beratung kommen. Unzufriedenheiten im Job und der Wunsch nach Veränderung. Da stecken dann tiefer liegende Bedürfnisse dahinter, die man in einer Beratung herausarbeiten kann. Klarheit über Situationen und eigene Bedürfnisse hilft, Entscheidungen zu treffen, um ein zufriedeneres Leben zu führen.

Wie unterscheidet sich die Tätigkeit der Lebens- und SozialberaterInnen von PsychotherapeutInnen?

Diplomierte LebensberaterInnen arbeiten mit gesunden Menschen und sind in der Gesundheitsprävention angesiedelt. Da geht es um die psychologische Beratung und Begleitung, die mentalen Kräfte zu stärken. PsychotherapeutInnen arbeiten mit Menschen, die krankheitswertige Störungen haben. Hier steht primär die Behandlung im Vordergrund.

Welche Kompetenzen muss man als LebensberaterIn mitbringen?

Die Liebe zu Menschen, die Idee und Freude daran, andere zu begleiten und auf jeden Fall die Bereitschaft, sich selbst zu reflektieren. Nur wer sich selber und seine Lebensgeschichte, seine Verhaltensmuster und Reaktionen gut kennt, ist in der Lage, andere Menschen bei ihrer Entwicklung zu begleiten.

Muss man sich als LebensberaterIn spezialisieren?

Grundsätzlich sind wir ProzessbegleiterInnen in Lebensfragen. Eine Spezialisierung ist immer hilfreich. Viele KollegInnen arbeiten in den Bereichen Supervision, Burnout-Prophylaxe, Paar- und Sexualberatung, Mediation oder in der Trauerbegleitung.

Wie hilft man anderen Menschen richtig, ohne sie dabei zu bevormunden?

Es ist wichtig, den anderen nicht zu bewerten. Jemandem auf Augenhöhe zu begegnen, heißt, davon überzeugt zu sein, dass der andere Kräfte in sich finden kann, seine Situationen und Probleme selbst gut zu bewältigen. Wenn ich jemanden bevormunde, gehe ich davon aus, dass ich es besser weiß. Und das kann ich für jemandes anderen Leben ja nicht.

Beate Kolouch ist Diplom-Lebensberaterin in freier Praxis. Sie leitet am WIFI Wien den Diplom-Lehrgang „Ausbildung zum/zur Lebens- und SozialberaterIn“.​

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