Der Trend zum Fahrradfahren und die komplexe Technik von E-Bikes lassen den Bedarf an Fachkräften rasant steigen. Gut ausgebildete FahrradmechatronikerInnen sind jetzt gefragt.

Das Statussymbol Auto hat längst Konkurrenz bekommen: Rennrad, Fatbike, Lastenrad, Mountainbike, Gravelbike – und das in Kombination mit einem Elektroantrieb. Von Drahtesel kann heute nicht mehr die Rede sein. „In Anbetracht der wachsenden Städte und der bevorstehenden Veränderung unserer Mobilität steht uns eine noch stärkere Diversifizierung des Fahrrads bevor”, ist Daniel Reinhartz sicher. Er ist Inhaber der „RADWERKSTATT“ und Vize-Vorsitzender des Arbeitsausschusses für Fahrradtechnik in der Wirtschaftskammer Wien. „Die Ansprüche an das Fahrrad wachsen. Ich erwarte mir auch noch mehr Bereiche, in denen das Fahrrad genutzt wird.”

Aufsteigen und losfahren

Gerade durch den Klimawandel gewinnt das Fahrrad immer mehr an Bedeutung in Großstädten. Radfahren ist gesund und umweltfreundlich. Und während man mit dem Auto im Stau steht, ist man mit dem Fahrrad schneller am Ziel.

Mittlerweile ist jedes dritte neu verkaufte Fahrrad ein E-Bike, so der Verband der Sportartikelerzeuger und Sportausrüster Österreichs (VSSÖ). Dies entspricht knapp 150.000 Fahrrädern mit Elektroantrieb. Damit sind auch die Anforderungen an Kundenbetreuung sowie Service und Reparatur gestiegen.

„Wir FahrradmechatronikerInnen sind keine ‚HobbyschrauberInnen’, sondern überprüfen mechanische und elektronische Bauteile, gehen auf Fehlersuche und tauschen oder reparieren defekte Teile”, sagt Daniel Reinhartz. „Oft bauen wir die Fahrräder auch aus Einzelteilen zusammen und passen sie an die ergonomischen Bedürfnisse unserer Kunden und Kundinnen an. Hightech-Sonderanfertigungen gehören auch zu unserem Tätigkeitsbereich.” Eine solide Ausbildung bringt dem Kunden/der Kundin Qualität. „Denn nur ein gut eingestelltes und gewartetes Fahrrad ist ein sicheres Fahrrad“ so der Experte.

Fachpersonal gesucht

Doch was braucht es, um den Beruf des Fahrradmechatronikers/der Fahrradmechatronikerin erlernen zu können? Ein grundlegendes Verständnis für Mechanik und Elektronik, der Umgang mit kleinen Bauteilen und eine gewisse handwerkliche Geschicklichkeit sind die Voraussetzungen.

„Nachdem fast 40 Jahre keine Berufsausbildung erfolgte, ist der Markt sehr offen für ausgebildete FahrradmechatronikerInnen”, sagt Ing. Hans Niesner. Er ist Innungsausschussmitglied der Landesinnung Wien der MechatronikerInnen und bildet am WIFI Wien FahrradmechatronikerInnen aus. „Der Beruf ist auch für technikinteressierte Frauen geeignet, da keine schweren Bauteile zu heben sind und Frauen sehr gut in der Fehlerdiagnose sind.”

Auch Daniel Reinhartz ist überzeugt: „Der Arbeitsmarkt schreit nach gutem Fachpersonal in der Fahrradtechnik.” Und mit genügend praktischer Erfahrung stehe auch der Weg in die Selbstständigkeit offen.

Innovative Fahrradtechnik

Durch die vielen technischen Möglichkeiten ist eine hohe Lernbereitschaft notwendig. „Bei einem Fahrrad mit 2 Rädern, Lenker und Sattel sind die einzelnen Baugruppen, wie z.B. Federelemente oder Elektroantriebe komplexe Spezialbereiche. Die einzelnen Baugruppen finden sich dann in den unterschiedlichsten Fortbewegungsmitteln wie Liegerädern oder E-Scootern wieder”, so Reinhartz.

Auch die Digitalisierung ist für FahrradmechatronikerInnen ein wichtiges Thema. Ob Rahmenvermessung nach Unfällen, Körpervermessung bei Neukauf eines Fahrrads oder die Fehlerdiagnose bei elektrisch betriebenen Fahrrädern: „In der Ausbildung werden die SeminarteilnehmerInnen schrittweise an die Digitalisierung herangeführt”, sagt Ing. Hans Niesner.

Und mit welchen Innovationen ist in der Fahrradtechnik noch zu rechnen? Reinhartz: „Derzeit ist es die Elektronik, die in vielen Bereichen Einzug hält. Der Elektro-Antrieb, die Steuerung von Baugruppen wie der Schaltung, Federelementen oder ABS-Bremsen. Und natürlich auch die Vernetzung all dieser Bereiche.” Zu erwarten sind zudem Entwicklungen in der Fertigungstechnik, die neue Konstruktionsmöglichkeiten eröffnen. Vielleicht könne das Fahrrad in seiner Fertigung ökologischer werden und recycelbarer, so Daniel Reinhartz.

Daniel Reinhartz ist Inhaber der „RADWERKSTATT“ und Vize-Vorsitzender des Arbeitsausschusses für Fahrradtechnik in der Wirtschaftskammer Wien.

Ing. Hans Niesner ist Innungsausschussmitglied der Landesinnung Wien der MechatronikerInnen und Kursleiter der Ausbildung zum/zur FahrradmechatronikerIn am WIFI Wien.

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