„Alles bleibt anders“: So widersprüchlich diese Aussage erscheinen mag, so vielfältig und ambivalent sind die Zukunftsperspektiven für die neue Arbeitswelt. Um die weitere Entwicklung von „New Work“ zu erforschen, hat die österreichische Unternehmensberatung BRAINS AND GAMES im Mai 2020 eine Kundenbefragung durchgeführt, in der aktuelle beratungsrelevante Fragen genauer unter die Lupe genommen wurden.

Je nach Ausmaß des wirtschaftlichen Einbruchs oder Erfolges in der Krisenzeit variiert auch die organisationale Veränderung in Form von verstärkter Arbeitsbelastung, Personalsuche, Kurzarbeit oder Kündigungen. Organisationen lassen sich in ihrer Notwendigkeit zur Veränderung in der aktuellen Krisenzeit in drei sinnvolle Wirtschafts-Cluster einteilen:

  • Organisationen, die durch die Krisenzeit wirtschaftlich florieren
  • Organisationen mit keinen großen wirtschaftlichen Veränderungen – aber dennoch durch die Krisensituation auf anderen Ebenen betroffen
  • Organisationen, die wirtschaftlich starke Einbußen haben
Jeder Cluster zeigt unterschiedliche Ausprägungen und Bedürfnisse, wohin sich eine Organisation kurz- und langfristig entwickeln kann oder aus der Not heraus entwickeln muss. Über alle drei Cluster hinweg lässt sich vor allem ein großer Bedarf erkennen an:

  • Schlüsselkompetenzen in der virtuellen Führung,
  • Steigerung von Eigenverantwortung,
  • Selbstorganisation im Home Office,
  • Stärkung der Team-Zusammenarbeit,
  • Kurzzyklische, agile Unternehmens-Planung und Strategiearbeit.

Hohe wahrgenommene Veränderung – persönlich und organisational

Eines bleibt unbestritten: Veränderungen haben sich bei allen Befragten sowohl beruflich als auch im persönlichen Kontext deutlich gezeigt. Wieviel Veränderung im persönlichen Umfeld durch den Lockdown der letzten Monate erlebt wurde, haben 71% der Befragten mit einer hohen bis sehr hohen Zustimmung beantwortet. Auffallend war, dass die persönlich erlebte Veränderung (Homeoffice, Homeschooling, private Wohnsituation etc.) stärker als die organisationale Veränderung erlebt wurde (63%).

Selbstorganisation und virtuelles Führen sind Schlüsselkompetenzen in der Zukunft

Relevante Führungskompetenzen wie Stärkung von Selbstorganisation (79 %), virtuelles Führen sowie die Hervorhebung der Beziehungsgestaltung werden als die 3 wichtigsten Führungskompetenzen für die zukünftige Entwicklung in der eigenen Organisation angesehen. Aber auch die Bereitschaft zur Veränderung und Resilienz erhalten eine äußerst hohe Zustimmung in der Umfrage.

Des weiteren sehen 78% der Befragten einen großen Veränderungsbedarf in der internen Teamarbeit und 65 % identifizieren einen hohen Bedarf an agilen Ansätzen für die eigene Organisation.

Anpassungsbedarf herrscht vor allem bei der Führungskultur und den Prozessen

Auf die Frage, wo sich die eigene Organisation am stärksten bzw. am schnellsten verändern muss, geben 62 % der Befragten die Führungskultur als entscheidendes Veränderungskriterium an. 50 % sehen die Veränderung eher in den Prozessen, 37 % haben Bedarf, die eigene Meetingkultur zu verändern. Wenig Veränderungsbedarf gibt es aus aktueller Sicht im Bereich Strategie, Werte und in der Teamkultur.

Zukünftige Herausforderungen in Organisationen

  • Die Gefahr, wieder in alte Muster zurück zu fallen oder den Krisenzustand als „Normalbetrieb“ beizubehalten, wird von einigen Befragten als riskant eingeschätzt. Damit verbunden wird auch die passende Balance zwischen Homeoffice und Präsenzarbeit als herausfordernd erlebt.
  • Auch in der Organisationskultur gibt es Bereiche, die hohen Veränderungsbedarf durch die Krise erfahren haben: Der Wunsch nach einem neuen Führungsverständnis, das Kultivieren einer Fehlerkultur, die gezielte Förderung von Selbstorganisation und Vertrauen wurden hierbei als wichtige Indikatoren genannt.
  • Deutlich wird ebenfalls, dass viele Befragte die gewonnenen Erfahrungen mit der fortschreitenden Digitalisierung auch in Zukunft in Form von Online-Meetings,- Collaboration und -Kommunikation im Arbeitsalltag integrieren wollen.
  • Nicht in Vergessenheit geraten darf die stark belastete wirtschaftliche Situation vieler Unternehmen, bei der Umsatzsteigerung, Liquiditätsmanagement und das Erhalten von Arbeitsplätzen auch in Zukunft schnelle Lösungen erfordern.

Und was bleibt…

Bei über 90% der Befragten wird Homeoffice als zentraler Trend der zukünftigen Arbeitsorganisation identifiziert, ebenfalls sind Online-Lernformate in Unternehmen nicht mehr weg zu denken. Eine stärkere Verteilung der Führungsverantwortung als auch die Umgestaltung von Arbeitsräumen zeichnen sich als neue zukunftsweisende Veränderungs-Szenarien in Organisationen ab. Aktuelle Anfragen zur Reduktion von work-stations unterstreichen den aktuellen Trend.

Viele positive Lernerfahrungen in der Krise

Bei den offenen Feedbacks wurden in den persönlichen Learnings viele positive Aussagen geteilt: So gaben die Befragten an, „es war auf einmal möglich, was vorher undenkbar war“, „es geht viel mehr und besser als gedacht“ und „es hat toll geklappt“, was auf den Zusammenhalt im Team, in der Organisation und auf die Beziehungsgestaltung untereinander zurückzuführen ist.

Auch die technischen Möglichkeiten wurden trotz anfänglicher Schwierigkeiten bei vielen als positiv erlebt, z.B. wie schnell der Umstieg bei weniger technikaffinen MitarbeiterInnen mit gegenseitigem Support gelungen ist. Obwohl die virtuelle Welt häufig als anstrengend und intensiv erlebt wird, berichten viele Befragten von positiven Auswirkungen auf die Produktivität und das Wohlbefinden – wenn die Balance stimmt.

Abschließend wird Kommunikation und Beziehungsgestaltung als DER Hebel für eine gut funktionierende (virtuelle) Arbeitsorganisation angesehen: Das Miteinander steht im Vordergrund, alles andere folgt.

Wer hat an der Umfrage teilgenommen?

Wichtige EntscheidungsträgerInnen aus österreichischen Organisationen haben mit ihrer Teilnahme dazu beigetragen, aussagekräftige Einblicke in zukünftige Bedürfnisse von Organisationen zu gewinnen: 60% der Befragten kommen aus dem Wirtschaftssektor, knapp 50% sind im Bereich Personalentwicklung und Human Resources tätig. 28% der Befragten arbeiten im Management bzw. in Führungspositionen, 58% kommen aus Unternehmen mit mehr als 500 MitarbeiterInnen.

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