Wer als Organisation seine interne Kommunikation in „guten Zeiten“ richtig dialogorientiert aufstellt, hat in Zeiten der Veränderung die Nase vorne.

Interne Kommunikation, das ist mehr als die jährliche Weihnachtsfeier oder der feuchtfröhliche Betriebsausflug mit Teambuilding-Elementen – weit mehr als Intranet oder MitarbeiterInnen-Magazine. Es geht schon lange nicht mehr ausschließlich um die so genannten „weichen“ Aspekte wie ein gutes Betriebsklima, Zusammengehörigkeitsgefühl oder Zufriedenheit der Belegschaft. Es geht um Kosten und Profitabilität.

Laut dem weltweit agierenden Personaldienstleister Hays scheitert knapp jedes sechste Projekt (1) . Roland Berger meint, dass 90 Prozent der Megaprojekte Budget und Zeitplan überschreiten (2) und Ernst&Young zitieren Untersuchungen aus den USA, wonach 84 Prozent aller Digitalisierungsprojekte in Firmen fehlschlagen (3).

Es können namhafte Gründe festgehalten werden – von der unrealistischen Zeitplanung bis zur geringen Entscheidungsfreude. Im Endeffekt reduziert es sich aber auf eines: Die Menschen im Projekt kommunizieren und kooperieren zu wenig. Damit Projekte funktionieren, braucht es besonders viel interne Kommunikation. Es braucht ein gemeinsames Verständnis, was erreicht werden soll und wie. Es braucht Konfliktfähigkeit und Konfliktlösungsbereitschaft. Es braucht vor allem Zeit, alle Betroffenen und Beteiligten einzubinden und mitzunehmen.

Was für Projekte gilt, das gilt auch für das „ganz normale“ unternehmerische Tun. MitarbeiterInnen, die wissen, wohin die Reise „ihrer“ Organisation geht, welche Strategie das Management verfolgt, die sich einbringen können und ernst genommen werden, erbringen bessere Leistungen. Und deshalb sind die interne Abstimmung, die Einbindung und die Kommunikation die direkten Voraussetzungen für Wachstum und erfolgreiches Wirtschaften.

Reden ist Silber. Taten sind Gold.

Wenn die interne Kommunikation zu einer internen Information – ausschließlich top-down – verkommt, dann bringt sich eine Organisation um viele Chancen. Informationstätigkeit ist zwar das Fundament guter interner Kommunikation, aber es gibt noch unzählige weitere Funktionen. Etwa den Aufbau von Dialogen in verschiedene Richtungen, sei es zwischen Abteilungen, zwischen Standorten, von der Unternehmensspitze nach unten und wieder retour. Dialoge zu fördern ist eine gute Voraussetzung, um Vertrauen aufzubauen und Konflikte zu bearbeiten, bevor sie ausbrechen. Was wiederum eine Minimierung von Verzögerungen und Problemen im Ablauf darstellt und damit einen positiven Kosteneffekt hat.

Den größten Effekt hat die interne Kommunikation dann, wenn sich EntscheidungsträgerInnen als Vorbilder einbringen. Ein Chef/eine Chefin, der/die von der Belegschaft Offenheit und Transparenz fordert, muss dies auch selbst leben. Ein Vorgesetzter/eine Vorgesetzte, dem bzw. der Kundenbeziehung ein echtes Anliegen ist, muss selbst als Best Practice vorangehen. Stellen Sie sich vor, Offenheit, Transparenz und Kundenbeziehung werden nur im wöchentlichen Mail an alle angepriesen oder bei Town-Hall-Meetings beschworen; Sie können sich die Wirkungsunterschiede sicher vorstellen.

Als Vorgesetzter/Vorgesetzte Vorbild sein. Das ist vor allem bei Veränderungen in der Organisation ein wichtiges Element. Wenn Unruhe und Unsicherheit aufziehen, dann können Worte oft nicht mehr beruhigen oder stabilisieren. Dann sind es die Handlungen (oder Unterlassungen) des/der Vorgesetzten, die zählen. Wenn diese wie BergführerInnen einer Seilschaft vorangehen, dann hat ein Change-Projekt deutlich mehr Chancen, erfolgreich zu sein.

Vom Faktor 1.000 für den Erfolg von Change

So wie viele Projekte nicht bis zum Ende geführt werden, so geht es auch Change-Vorhaben: Nur jedes dritte dürfte in der geplanten Form positiv abgeschlossen werden (4). John Kotter, der Change-Guru aus den USA, gibt Verantwortlichen einen wichtigen Ratschlag, um Erfolg im Change zu haben: „Erhöhen Sie die Kommunikation um den Faktor 1.000.“ (5)

Das betrifft vor allem die interne Kommunikation. Mitarbeitende brauchen Information, denn Information gibt Sicherheit. Gerade aber im Change ist die Information selbst an der Spitze dürftig, sie ist nicht abgesichert, ist in Diskussion oder im Widerstreit. Diese Gemengelage des Change trifft auf den berechtigten Wunsch nach abgesicherter Datenlage bei den Betroffenen. Schon der englische Philosoph Francis Bacon konstatierte: „Nichts macht den Menschen argwöhnischer, als wenig zu wissen.” Was also tun?

Keine Kommunikation ist die schlechteste aller Lösungen, denn damit bereiten Organisationen nur den Boden von Gerüchten und Falschinformationen auf. Prozess-Kommunikation ist eine Möglichkeit: Das ist die Offenlegung, welche Aktivitäten den Change begleiten, ohne über Inhalte Auskunft geben zu müssen. Ein Beispiel: Eine Fusion zog sich über mehrere Monate. Die MitarbeiterInnen auf beiden Seiten wussten nicht, wann sie welche Aufgaben oder ob sie noch eine Funktion im neuen Unternehmen hatten. Alle 14 Tage lud die Geschäftsführung gemeinsam mit der Personalabteilung zu einer Update-Sitzung. Sie berichtete, was sich in den vergangenen 2 Wochen an Gesprächen und Abstimmungsterminen ergeben hatte und was für die kommenden 2 Wochen geplant war. Über Sorgen und Ängste, Unsicherheiten und Bedenken konnte bei diesen Treffen gesprochen werden. So erlebten alle das Zusammengehen zweier Firmen als Zusammenwachsen zwischen dem Management und der Belegschaft. Sie behielten diese Treffen nach der Fusion bei und haben heute eine sehr viel offenere Kommunikationskultur als zuvor. Denn in der internen Kommunikation gilt, was der polnische Schriftsteller Stanislaw Jerzy Lec so gut ausdrückte: „Es genügt nicht, dass man zur Sache spricht. Man muss zu den Menschen sprechen.“

Gastautorin Mag. phil. Gerhild Deutinger ist Expertin für Veränderungskommunikation, Leiterin des Beratungsunternehmens impulsbüro. und Autorin.

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(1) Hays 2015: Projektarbeit in Unternehmen weiter auf dem Vormarsch. Pressetext unter: www.hays.de/personaldienstleistung-aktuell/presse-mitteilung/projektarbeit-in-unternehmen-weiter-auf-dem-vormarsch

(2) Roland Berger, Pressemitteilung 2015: Warum Megaprojekte so oft scheitern. www.rolandberger.com/de/Media/Studie-von-Roland-Berger-Warum-Megaprojekte-so-oft-scheitern-und-wie-sich-der-E.html

(3) Digital, agil, gescheitert? Eine Broschüre von Ernst&Young 2018 verweist auf einen Artikel von Marc Werner, „Digital Dementia“, Forbes Magazine, 14. Januar 2017. Zugang zur Broschüre unter:
www.ey.com/Publication/vwLUAssets/ey-digital-agil-gescheitert/$FILE/ey-digital-agil-gescheitert.pdf

(4) Egbert Deekeling und Dirk Barghop: Kommunikation im Corporate Change. Gabler 2014.

(5) John Kotter: Leading Change: Wie Sie Ihr Unternehmen in acht Schritten erfolgreich verändern. Vahlen 2011.