Design Thinking ist untrennbar mit Innovation verbunden. Welches Mindset für den erfolgreichen Einsatz nötig ist und warum dabei immer der Mensch im Mittelpunkt stehen soll, weiß Wolfgang Fargel.

Wolfgang Fargel, was genau steckt hinter dem Begriff Design Thinking?

Konkret geht es bei Design Thinking darum, Hindernisse und Bedürfnisse im Kontext der User/-innen, also der Anwender/-innen, zu identifizieren und kreative Ideen für erste Lösungsansätze mit einer attraktiven User Experience zu entwickeln. Damit ist das Erlebnis des/der Nutzers/-in bei der Verwendung von Produkten oder Dienstleistungen gemeint. Dem Begriff Design Thinking kann man ein buntes Set an kreativen Methoden, einen Prozess, aber vor allem das gewisse Mindset, also eine ganz bestimmte Geisteshaltung, zuordnen. Richtig kombiniert ergibt das die dynamische erste Phase des Innovationsprozesses, der den/die Nutzer/-in mit seinen Bedürfnissen in den Mittelpunkt stellt.

Weshalb spielt der/die Nutzer/-in dabei eine so große Rolle?

In einer Welt voll mit Optionen und Auswahlmöglichkeiten gewinnen jene, welche die durchgängigste und beste User Experience anbieten, den Kampf um die Kunden/-innen. Im Kern geht es darum, die User/-innen zu verstehen. Deshalb stehen sie im gesamten Prozess im Mittelpunkt. Um in die Welt der User/-innen einzutauchen und die Bedürfnisstruktur genau nachvollziehen zu können, wird dabei das Nutzererlebnis nachempfunden. Vor allem in Zeiten der Digitalisierung, wo die Grenzen zwischen Produkt, Dienstleistung und Marke immer stärker verschwimmen, erreicht man eine langfristige Kundenbindung dann, wenn man die Welt durch die Augen der Kunden/-innen wahrnimmt und gezielt auf die Bedürfnisse der Zielgruppe eingeht.

Sie haben zuvor ein „Mindset“ angesprochen. Was ist damit gemeint?

Um erfolgreich neue Lösungen zu entwickeln, brauchen Design Thinker eine ganz bestimmte Geisteshaltung. Forschergeist, Neugier, Offenheit, Ganzheitlichkeit, Empathie, aber auch die Fähigkeit, Sachen auf den Punkt zu bringen und Klarheit zu schaffen, beschreiben das notwendige Mindset, das sie mitbringen müssen.

Wann macht es Sinn, Design Thinking einzusetzen?

Während das Mindset von Design Thinking in allen unternehmerischen Bereichen sinnvoll ist, gibt es auch für den Einsatz der Methode in Form von Projekten und Workshops keine erkennbaren Grenzen. Das Verbessern bestehender Lösungen steht dabei genauso im Fokus, wie neue Projekte auf der grünen Wiese zu beginnen. Dabei ist der Prozess generell ergebnisoffen. Das heißt, dass Produkte, Services, Geschäftsmodelle oder unternehmensinterne Prozesse Ergebnisse von Design-Thinking-Projekten sein können.

Welche Tools kommen dabei zum Einsatz?

Eine Methode des Design Thinking ist beispielsweise die Customer Journey Map, eine visuelle Darstellung der gesamten Kundenerlebnisreise. Diese Methode hilft dabei, strukturiert die einzelnen Berührungspunkte des/der Kunden/-in mit einem Unternehmen, dessen Produkten, Dienstleistungen und Geschäftsmodellen sowie der Marke darzustellen. Chronologisch werden die sogenannten Touchpoints beobachtet und Probleme bzw. Hindernisse festgehalten, um Kunden/-innen zu gewinnen und Chancen zu identifizieren.

Was macht Design Thinking erfolgreich?

Neben dem bereits angesprochenen Mindset gehört zu den 5 Erfolgsfaktoren von Design Thinking zunächst ein interdisziplinäres Team. Es ermöglicht die Betrachtung einer Challenge aus unterschiedlichen Blickwinkeln und stellt sicher, dass es nicht zu einseitigen Interpretationen kommt. Der Design-Thinking-Prozess wiederum gibt Struktur, da er Geisteshaltungen und damit verbundene Methoden klar voneinander trennt. Während man sich zu Beginn des Prozesses mit der Frage „Lösen wir das richtige Problem?“ beschäftigt, steht in der zweiten Hälfte des Prozesses die Frage „Lösen wir das Problem richtig?“ im Zentrum. Iterative, also sich wiederholende Prozessschleifen helfen dabei, Unklarheiten und Fehler frühzeitig zu identifizieren und zu beseitigen, bevor sie im folgenden Entwicklungsprozess viel Geld und Energie kosten. Die klare Design Challenge stellt wiederum die Leitplanken für ein Design-Thinking-Projekt dar. Die Kunst ist, das Briefing so zu formulieren, dass es nicht einschränkt, aber gleichzeitig eine Richtung vorgibt.

Und wenn das gelingt?

Wer es schafft, Probleme als interessante Fragestellungen zu formulieren, wird mit visionären, mutigen und kreativen Lösungen belohnt, die von allen im Team mitgetragen werden.

WIFI Management
Forum Seminar:
Design Thinking – Basiswissen kompakt

Wolfgang Fargel, MSc arbeitet seit 2013 mit Design Thinking, anfangs bei Airbus im Innovationsmanagement und nun als Berater bei Spirit Design. Er unterrichtet u.a. am WIFI Management Forum sowie an der New Design University in St. Pölten im Bereich Design Thinking, Service Design und Systemic Design Thinking.

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