Sie haben eine innovative Geschäftsidee, bekommen von der Bank aber keinen Kredit? Wie das Internet Ihnen helfen kann, Ihr Vorhaben zu verwirklichen, und worauf Sie dabei achten müssen. Plus: 5 Tipps für ein erfolgreiches Crowdfunding.

Ihr/-e Bankberater/-in verlangt nach Sicherheiten, die Sie nicht haben, vermeintliche Großinvestoren/-innen und Business Angels springen schon nach den ersten Gesprächen wieder ab. Bevor Sie Ihre Geschäftsidee in die Rundablage befördern, probieren Sie es doch einmal mit der „Crowd”. Denn beim Crowdfunding beteiligen sich viele Menschen mit kleinen Beträgen an großen Ideen. In den USA ist diese Form der Finanzierung schon seit 2007 verbreitet. Nun hat sich Crowdfunding längst auch in Österreich etabliert.

Geringer Aufwand mit hohem Potenzial

Die Vorteile einer Crowdfunding- bzw. Schwarmfinanzierung liegen auf der Hand. Ob als Vor- oder Alternativfinanzierung: „Der/Die Unternehmer/-in bzw. Gründer/-in hat einen verhältnismäßig geringen Aufwand, um eine Crowdfunding-Kampagne zu starten. Er/Sie erhält über die Crowdfunding-Plattform unmittelbaren Zugang zu potenziellen Kunden/-innen und kann damit auch erkennen, ob sein Produkt am Markt nachgefragt wird”, sagt Dr. Georg Tichy, Managing Partner der STRATECTA Unternehmensberatung.

Crowdfunding-Plattformen wie Green Rocket in Österreich und Startnext aus Deutschland stellen dabei Technologie und Know-how für die Abwicklung der Finanzierung zur Verfügung und ermöglichen so eine standardisierte Vorgehensweise. „Die österreichischen Plattformen haben im ersten Halbjahr 2017 bereits 56 Projekte mit € 19.178.450 finanziert, um € 7.166.700 mehr als im Vorjahreszeitraum. Das entspricht einer Steigerungsrate von 60 %,“ erklärt Paul Pöltner, Vorsitzender des Fachausschusses Crowdinvesting-Plattformen des Fachverbands Finanzdienstleister in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Ab voraussichtlich Dezember 2017 wird auch die neue Plattform stratecta.exchange im Markt vertreten sein und auf unternehmerische Innovationen von Jungunternehmen, aber auch etablierten Unternehmen fokussieren.

Die Crowd überzeugen

Doch was braucht es, um den „Schwarm” bzw. eine Vielzahl von Menschen zu überzeugen? Dr. Georg Tichy: „Ein unbedingtes MUSS ist ein kurzes, eingängiges Video, das die ‚Crowd’ vom Produkt oder der Dienstleistung überzeugt. Das Video sollte auf die Zielgruppe ausgerichtet sein und den ‚Elevator Pitch’ (= Werkzeug für eine kurze Zusammenfassung einer Idee mit dem Fokus auf die positiven und überzeugenden Aspekte) beinhalten.” Eine typische Crowdfunding-Kampagne dauert ungefähr 6 bis 8 Wochen. Innerhalb dieser Zeit muss die vorher definierte Mindestsumme erreicht werden, damit das Investment zustande kommen kann. Für den Fall, dass die Mindestsumme nicht erreicht wird, wird das gesammelte Kapital wieder zurück an die „Crowd” ausgezahlt. Die Gründer müssen sich in diesem Fall dann andere Finanzierungsquellen suchen.

Für eine erfolgreiche Crowd-Finanzierung sind Multiplikatoren/-innen notwendig, die das Projekt bewerben und auf Social Media verbreiten. Damit das funktioniert, ist es wichtig, eine Liste aller Marketing-Kanäle und Netzwerke anzulegen, über die man die Botschaften kommunizieren möchte. Aber auch die Selbstvermarktung spielt eine große Rolle: „Es wird ja nicht nur das Produkt bzw. die Dienstleistung beworben, sondern auch das Know-how und die Personen, die hinter dem Projekt stehen”, sagt Dr. Georg Tichy. „Die ‚Crowd’ macht sich aufgrund des Videos einen Eindruck, ob sie das Produkt, die Idee und die Personen sympathisch findet und dem/der Projektinhaber/-in die Umsetzung zutraut.” Der/Die Plattformbetreiber/-in hilft bei der Bewerbung des Produkts und setzt unterstützende Kommunikationsmaßnahmen, um das Crowdfunding-Projekt und die Personen dahinter bekannt zu machen.

5 praxisorientierte Tipps für ein erfolgreiches Crowdfunding

1. Erstellen Sie einen Projektplan
Der Projektplan sollte Ihre Ideen in Bezug auf Kampagne, Video, Vorbereitungsunterlagen etc. festhalten und strukturieren.

2. Erstellen Sie ein aussagekräftiges Video
Ein/-e Unterstützer/-in entscheidet sich häufig aufgrund des Videos, ob er/sie der Finanzierung zustimmt oder nicht. Erläutern Sie auch, warum Sie Ihr Produkt bzw. Ihre Dienstleistung „crowdfunden“ möchten. Die Unterstützer/-innen wollen verstehen, was Sie antreibt und warum Sie diese Finanzierungsform gewählt haben.

3. Bewerben Sie die Vorteile Ihres Produkts/Ihrer Dienstleistung
Bewerben Sie die Vorteile Ihres Produkts im Video bzw. erläutern Sie textlich die Vorteile auf der Crowdfunding-Plattform und erklären Sie, was die Unterstützer/-innen als „Reward“ (Nutzen/Belohnung) bekommen.

4. Nutzen Sie Ihre Social Media-Präsenz
Crowdfunding lebt von der Vermarktung Ihres Projekts auf diversen Social Media-Kanälen. Der/Die Plattformbetreiber/-in wird die Crowdfunding-Projekte hierbei unterstützen und die wichtigsten Social Media-Unternehmen an die Crowdfunding-Plattform angebunden haben und somit ein einfaches, schnelles Teilen des Projekts ermöglichen.

5. Messen Sie Ihre Aktivitäten
Es ist sehr wichtig, die Zugriffe auf Ihre Kampagne zu messen, zu sehen, woher Ihre Interessenten/-innen und Unterstützer/-innen kommen und wie sie sich zusammensetzen. Sie können diese Erkenntnisse für spätere Kampagnen nutzen.

Dr. Georg Tichy ist Managing Partner der STRATECTA Unternehmensberatung und Crowdfunding-Experte. Er leitet am WIFI Wien das Seminar und Workshops zum Thema Crowdfunding.

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