Ob E-Lectures, LernApps oder generell der Einsatz von neuen Medien im Unterricht – lernen findet zunehmend digital statt. Eine spannende Herausforderung für Lehrer wie Schüler. Doch welchen Einfluss hat die Digitalisierung eigentlich auf Schule und Lernen? Was verändert sich durch die neuen Medien & Co? Wo liegen die Chancen, wo Gefahren?

Wir haben bei unserem Bildungsexperten Franz Stadler nachgefragt:

Durch die Digitalisierung werden unser Leben und unsere Arbeitswelt stark beeinflusst.
Was wird das künftig für die Berufswahl junger Menschen bedeuten, worauf muss man besonders achten?

Stadler: Schüler müssen auf jeden Fall besser über die Berufe informiert sein, die sich aufgrund der Digitalisierung entwickeln. Überhaupt ist es sehr wichtig, über die neuen Technologien Bescheid zu wissen und diese auch anwenden zu können. Behilflich bei der Berufswahl sind Beratungslehrer und Bildungs- und Berufsberater. Natürlich ist es auch für mich als Bildungs- und Berufsberater unabdingbar up to date zu bleiben. Nur wenn ich über die aktuellen Entwicklungen Bescheid weiß, kann ich jungen Menschen hinsichtlich ihrer Berufswahl gut beraten.

Wir werden nicht nur anders arbeiten, sondern auch anders miteinander kommunizieren und mit anderen Hilfsmitteln arbeiten. Was gilt es hier zu lernen?

Stadler: Wichtig ist, dass wir alle – auch Schüler und Lehrer – keine Scheu haben, uns mit den neuen Hilfsmitteln auseinanderzusetzen und auch damit zu arbeiten. Wenn das für Kinder und Jugendliche in einem möglichst geschützten Testumfeld wie der Schule passieren kann, ist das natürlich optimal. Gerade auch, weil es gilt ein Bewusstsein für die Risiken zu entwickeln, die mit der Digitalisierung einhergehen. Beispielsweise: Heute poste ich Fotos auf Facebook, die nur für meine Freunde bestimmt sind. Monate später googelt mich eventuell ein möglicher Arbeitgeber und stößt auf die Bilder. Möchte ich das? Auch was den rechtlichen Bereich betrifft, gilt es einiges zu beachten. Man denke nur an Datenschutz, Copyright und Urheberrecht. Daher: Es ist zwar wichtig, dass man die neuen Medien nutzt, allerdings bewusst. Und: Jeder muss für sich entscheiden, welche Dinge er von sich preisgeben möchte. Ein klassisches Bespiel: Wenn ich eine Kundenkarte benutze, muss mir klar sein, dass meine Daten gesammelt werden.

Diese Veränderungen im Arbeitsleben – was bedeutet das fürs Lernen? Welche Trends und Entwicklungen gibt es hier?

Stadler: Entscheidungen bzw. Prozesse und deren Abläufe werden immer schneller. Das Institute for the Future (IFTF) der University of Phoenix hat zum Beispiel 10 Kompetenzen erarbeitet, die am Arbeitsmarkt von morgen wichtig sein werden: das adaptive Denken; soziale Intelligenz; Sinn stiften; interkulturelle Kompetenz; Denken in Algorithmen; Transdisziplinarität; prozessorientiertes Denken; kognitive Filterung; Online-Teamfähigkeit und die Eigenverantwortung. – Alles Kompetenzen, die schon jetzt gelebt werden, allerdings zukünftig noch mehr an Bedeutung gewinnen werden. Die Schule ist ein sehr guter Ort, um sich hierin zu üben. Beispielsweise durch die Anwendung von LernApps im Unterricht oder das Konzept des virtuellen Klassenzimmers.

Und wie können sich Lernende künftig umstellen, was hilft und was blockiert?

Stadler: Beim Lernen kommt es immer auf die Grundhaltung an. Geht man mit Freude und Neugier an eine neue Sache heran, lernt man schnell und einfach. Angst vor Veränderung blockiert. Auch die Angst Fehler zu machen, ist kontraproduktiv. – Wie in Unternehmen muss die innovative Herangehensweise von oben mitgetragen werden. Schulversuche und Lehrer, die etwas Neues im Unterricht ausprobieren wollen, sollten unterstützt werden.

Viele Experten warnen vor noch stärkerer Reizüberflutung, weil die Grenzen zwischen Beruf oder Lernen und Privatleben immer mehr verschwimmen. Können Sie uns hierzu einen Tipp geben, wie man sich selbst oder Schüler schützen kann?

Stadler: Hier gilt es die Fähigkeit zu entwickeln, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Und darum, die Verantwortung für sein Handeln und Tun zu übernehmen. Als Erwachsener kann man hier gut helfen, indem man als Vorbild agiert. Auch im Kleinen. Nehmen wir beispielsweise eine private Alltagssituation: Ein Abendessen, alle Familienmitglieder sitzen am Tisch. Nun tütet mein Handy. Möchte ich das Gespräch mit meiner Familie nun unterbrechen, um meine Nachrichten zu checken? – Ich habe für mich entschieden, dass ich das nicht will.

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